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Volltext: Die Verwendung weiblicher Arbeitskräfte in der Fabriks-Industrie und in einzelnen Zweigen des Verkehrswesens Österreichs : erläuternder Text zu einer Abtheilung der Ausstellung im Frauen-Pavillon, Weltausstellung 1873 in Wien

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Schriftgiesserei. 
ln den Scliriftgiessereien wird seit Jahren ein Theil der früher nur von Knaben 
und Männern verrichteten Arbeiten ausschliesslich durch Mädchen und Frauen ausgeführ , 
und es haben sich dieselben als ganz geeignet dafür erwiesen. Diese Arbeiten sind: 
a) Bas Abbrechen, 
nämlich das Abbrechen des Gusszapfens (kurz „Guss“ genannt) von den gegossenen 
Lettern. Diese Arbeit ist sehr leicht, da das Letternmetall spröde ist und der keilförmige 
Guss mit seinem schwächsten Ende am Fusse der Lettern haftet. Die Arbeit wird sitzend 
verrichtet, erfordert weder Vorkenntnisse noch besondere Befähigung, und ist ur wei - 
liehe Personen jedes Alters geeignet. 
Verdienst per Woche 3 bis 6 fl. 
b) Bas Schleifen. 
Die abgebrochenen Lettern (immer „Buchstaben“ genannt) werden auf zwei Lan- 
genseiten glatt geschliffen, d. i. auf rothen, harten Porphyrsteinengerieben, um den Guss 
grat, welcher sich an den Kanten bildet, zu beseitigen. Diess erfolgt, indem die linke Han 
immer einen Buchstaben bereit legt, während die rechte Hand denselben durch Auflegen 
zweier Finger erfasst und unter gleichmässigem Druck auf dem Steine circa 10 bis 
Zoll weit einmal hin — und zurückschiebt. Ist so die eine Seite geschliffen, wnc ei uc 
stabe mit Hilfe des Daumens umgewendet und auf der zweiten Seite in ganz gleicher 
Weise behandelt. . ....... 
Diese Arbeit wird ebenfalls sitzend verrichtet; es bedarf nur einer mittelmassigen 
' Beweglichkeit der Finger und massiger Kraft des rechten Annes, um die erwähnte Be 
schäftigung mit möglichster Geschwindigkeit den ganzen Tag fortsetzen zu können. Line 
besondere Befähigung setzt auch diese Arbeit nicht voraus und 3 bis 4 Wochen genügen, 
um hierin eine ziemliche Fertigkeit zu erzielen. _ ~ ., 
Da sowohl das Abbrechen wie das Schleifen der Buchstaben immer naci er a 
der Tausende bezahlt wird, so hängt der Verdienst nur von der erlangten Fertigkeit ab 
und schwankt bei dem Schleifen zwischen 3 bis 10 Gulden in einer Woche. 
c) Bas Aufsetzen. 
Nachdem die Buchstaben, wie oben beschrieben, geschliffen sind, werden sie aufge 
setzt d h. sie werden einer neben den andern gestellt und so lange Reihen davon ge 
bildet. Man bedient sich zu diesem Zwecke 2'/, Schuh langer, schmaler, schwacher Holz 
leisten, „Winkelhaken“ genannt, welche an der links gehaltenen Schmal- und an der 
unteren Längenseite einen massigen rechtwinkeligen Vorsprung als Stntzpunct für cie 
Lettern haben. Die Arbeiterin hält den Winkelhaken in der linken Hand, ergreift mit 
der rechten die einzelnen vor ihr auf einem Tische aufgehäuften Buchstaben und reiht 
dieselben, den letztaufgesetzten mit dem linken Daumen immer sachte festhaltend, mit dem 
Schriftzeichen nach oben links gewendet, neben einander. 
Auch diese Arbeit wird von jungen Mädchen, und zwar sitzend verrichtet, ist 
nicht anstrengend und erfordert keinerlei Vorkenntnisse oder geistige Befähigung, sondern 
nur eine massige Geschicklichkeit der Hand, um die einzelnen Lettern so schnell als 
möglich und immer gleich in der gehörigen Stellung aufzulesen. Der Verdienst hangt 
auch hierbei ganz von der erlangten Fertigkeit ab und schwankt zwischen 2'/, bis 6 fl. 
per Woche.
	        
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