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mehrere grosse exportirende Confeetionsanstalten entstanden, welche theils selbst erzeugen,
theils die sogenannten Stückmeister des Kleingewerbes in grosser Ausdehnung beschäftigen
Unit Arbeit verlegen); b) in die stets mehr zurückgehende Arbeit auf Bestellung.
Bei dei Erzeugung von Männerkleidern werden in Wien bis jetzt weibliche
Arbeitskräfte nur wenig verwendet, obwohl sich dieselben für mannigfache Arbeiten dieses
Zweiges gut eignen würden. Ebenso wäre die Beiziehung von Arbeiterinnen zur Anferti
gung von Kirchen-Ornaten u. dgl. sehr zu empfehlen.
Bei der Erzeugung von Frauenkleidern und Miedern, in welcher grössten-
tlieils nach Pariser und Berliner Modellen gearbeitet wird, ist die Beschäftigung von Ar
beiterinnen gegen jene von männlichen Arbeitern überwiegend; in einzelnen Etablissements
werden anschliessend Frauenspersonen beschäftigt, in den meisten findet die Verwendung
derselben in der Weise statt, dass bestimmte Arbeiten von männlichen Arbeitern, andere
wieder von Frauenspersonen verrichtet werden.
Im Ganzen genommen, wird bei der Erzeugung von Frauenkleidern die weibliche Ar
beitskraft zu folgenden Arbeiten verwendet:
«) zum Verrichten von Gängen bei Einkäufen, Ablieferungen etc.;
b) zum Abspulen von Seide, Wolle und Zwirn für die im Betriebe stehenden Näh
maschinen ;
c) zu Näharbeiten mittelst der Hand und Maschine für alle Arten von Kleidungs
stücken und für Mieder;
d) zum Zeichnen von Aufputz und zum Zuschneideii der anzufertigenden Kleiduno's-
stücke und Putzwaaren;
*) a ^ s Vei kaufe rinnen, Probir-Mademoiselles, Kassierinnen und Buchhalterinnen.
Bei den unter a, b und c angeführten Kategorien beträgt der geringste Arbeitslohn,
einschliesslich der mit der Entlohnung häufig verbundenen Emolumente an Kost und Woh
nung, per Woche 4 fl., der höchste Arbeitslohn 10 11., der durchschnittliche 7 11.
Für die unter d und e angeführten Kategorien ist der Wochenlohn 8 bis 15 11., im
Durchschnitte 10 11.
Was die Verrichtung von Gängen und die Näharbeiten betrifft, ist eine gesunde
Körperconstitution erforderlich, weil einerseits das viele Stiegensteigen und andererseits das
durch zwölf Stunden Arbeitszeit andauernde Nähen, namentlich das Maschinennähen, sehr
anstrengend ist. Es machen sich, was die Verwendung zu junger und schwächlicher Arbei
terinnen sowie.die zu grosse Anhäufung von Arbeits-Personale in schlecht ventilirten und
überheizten Localen anbelangt, manche grelle, einer Abhilfe bedürftige Missstände bemerkbar.
Bei mittlerer Begabung, und Vorkenntnisse des Weissnähens vorausgesetzt, können
Frauenspersonen die verschiedenen Arbeiten des Hand- und Maschinennähens und des Zu
schneidens in einem Jahre, bei besonderer Befähigung innerhalb sechs Monaten erlernen.
Dasselbe gilt bezüglich des Zeichnens von Aufputz, für welches Vorkenntnisse im Zeichnen
erforderlich sind.
Die Mehrzahl der im Kleiderfache verwendeten Arbeiterinnen stellt im Alter von 18
bis 36 Jahren; die niedrigste Altersstufe ist 13, die höchste 45 Jahre.
Die meisten Arbeiterinnen gehören den ärmeren Volksclassen an, doch befinden sich
in den unter d und e bezeichnten Kategorien auch Angehörige (Mädchen und Frauen)
des besser situirten Beamten- und Bürgerstandes.
In Wien sind, was den eigentlichen besteuerten Gewerbsbetrieb (exclusive der in vielen
Familien von Fall zu Fall sich verwendenden Kleidermacherinnen) betrifft, 1500 bis 2000