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arbeiterin und Montirerin (auch „Erste“ genannt). Das Anfertigen des Schnitt
musters und das Zuschneiden besorgt in der Eegel die Geschäftsleiterin. Die Tagesarbeiten
werden so vertheilt, dass die verschiedenen Arbeiterinnen je nach ihrer Leistungsfähigkeit
abwechselnd beschäftigt werden.
Der Wochenlohn beträgt im Falle gänzlicher Verpflegung 2 bis 5 fl., im Durch
schnitte 3 fl. Entfällt die Verpflegung, so ist der Wochenlohn 4 bis 10 fl., im Durch
schnitte 6 fl.
Die Aibeiten sind nicht sehr anstrengender Natur und werden von den meist in ju
gendlichem Alter stehenden Arbeiterinnen leicht geleistet. Die in diesem Gewerbe beschäf
tigten Frauenspersonen gehören vorwiegend der Bevölkerung der Stadt Wien selbst an
Alter vorherrschend 14 bis 24 Jahre.
ArbeitsUnterbrechungen kommen nur in den Uebergangsperioden von Saison zu Saison
vor, weiche Unterbrechungen drei Monate des Jahres nicht überschreiten. Für jene weiblichen
Hilfskräfte, welche ausserhalb der Betriebsstätte wohnen, besteht eine tägliche Arbeitszeit
von 9 Stunden, d. h. die Arbeit dauert von 8 Uhr Morgens bis 7 Uhr Abends, mit einer
zweistündigen Unterbrechung zur Mittagszeit. Die am Orte des Betriebes wohnenden Arbei
terinnen haben eine eilfstündige Arbeitszeit, nämlich von 8 Uhr Morgens bis 8 Uhr Abends,
mit 1 Stunde Mittagsruhe. Allgemein üblich ist eine viertelstündige Unterbrechung zur
Jausenzeit. °
■ 1, 'r 1 ' f rbeiten werden 111 der Ke g el au d en Betriebsstätten gemeinsam vorgenommen;
nur m Fallen dringenden Bedarfes wird zu Extra-Arbeiten Zuflucht genommen, welche die
Arbeiterinnen bei sich zu Hause in Ueberstunden als Nebenverdienst besorgen.
In Wien und Umgebung sind in 800 besteuerten Gewerben dieses Zweiges (unge
rechnet die nicht gewerbsmässig, für den Familienbedarf arbeitenden Personen) bei 3200
weibliche Hilfskräfte und Lehrmädchen beschäftigt; davon sind Lehrmädchen 40 Hand
arbeiterinnen 30, Tischmademoiselles 20, Stückarbeiterinnen 5, Moutirerinnen 5 Percent.
Handsc Li u h fab r ika Li o n.
Obwohl in diesem Industriezweige die Maschine gegenwärtig eine sehr grosse Bolle
spielt, ist für denselben die Bedeutung der Frauenarbeit doch hervortretend geblieben, und
es lasst sich erwarten, dass selbst die allgemeine Einführung der amerikanischen Näh
maschine den Erwerb der Frauen und Mädchen in der Handschuhindustrie nicht schmälern
werde. Die volle Hälfte der Arbeit des Handschuherzeugens fällt der Frauenhand zu und
die Menge der m dieser Fabrikation beschäftigten Mädchen und Frauen ist jetzt <mgen
lühei weit grösser, da sich unsere Handschuhfabrikation während der letzten zwanzig Jahre
sowohl in Betreff der Qualität der Leistungen als auch hinsichtlich der Productionsmenge
ausserordentlich entwickelt und zu einem exportfähigen Industriezweige gestaltet hat.
Bedeutend ist die Zahl m Wien und Prag der mit dem Nähen der Handschuhe beschäftigten
weiblichen Arbeitskräfte; sie bildet aber nur einen Bruchtheil der in diesem Industriezweige
verwendeten Arbeiterinnen, deren eine sehr grosse Zahl auf dem flachen Lande Nieder-Oester-
leiclis, feiner in Böhmen, Mähren und Schlesien namentlich für Rechnung von Wiener
und Prager Fabriken Beschäftigung findet.