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Volltext: Die Verwendung weiblicher Arbeitskräfte in der Fabriks-Industrie und in einzelnen Zweigen des Verkehrswesens Österreichs : erläuternder Text zu einer Abtheilung der Ausstellung im Frauen-Pavillon, Weltausstellung 1873 in Wien

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Fabrikation künstlicher Blumen. 
Ueber diesen Industriezweig, in welchem weibliche Arbeitskräfte vorwiegend zur 
Verwendung kommen, ist Folgendes zu bemerken: 
Die am allgemeinsten verwendeten Materialien sind: Gewebte Stoffe, namentlich 
Battist, Vapeur, Mousselin, Krepp, Moll, Satin, Tafft, Atlass, Woll- und Seidensammt und 
Papyrus; ferner Seide, Baumwolle, Papier, roher und gewalzter Kautschuk, Federn, Glas 
in Gestalt von Früchten und Thautropfen. üeberdies bietet die Natur selbst Manches, 
was bei der Fabrikation der Blume verwendet wird. So die Köpfchen, in welchen die 
Blüthen der natürlichen blauen Kornblume stecken; sie werden (getrocknet) zu demselben 
Zwecke bei künstlichen Kornblumen verwendet, und tragen so zur Naturähnlichkeit nicht 
wenig bei. Desgleichen die kleinen Samenkapseln der wilden Mohnblume, viele Gläser, 
Moose, Fruchtkörner und kleine verzweigte Aestchen von Bäumen und Sträuchern, welche 
letztere, in Bouquets eingebunden, sich ganz zierlich ausnehmen. Auch die Insectenwelt 
wird nicht geschont und Tausende von grünen Rosenkäfern und blauen Opalkäfern müssen 
ihre Versetzung von den lebenden Blumen auf künstliche geduldig hinnehmen. Von grösseren 
Käfern finden die Cassida (Schildkäfer) und Bupretti.» (Prachtkäfer) Verwendung, deren 
glänzende Flügel auch zu verschiedenen Phantasieblumen benützt werden. 
Mittelst besonderer Ausschlageisen erhält man aus den oben genannten Stoffen 
Blätter, welche den Umriss der natürlichen haben. Es ist ein grosser Vorrath solcher 
Eisen erforderlich, da dieselben jedes Mal genau nach den Blättern der nachzuahmenden 
Pflanze gebildet sein müssen und man auch zu einer und derselben Blume, um die Blät 
ter von verschiedener Grösse zu erhalten, mehrere Eisen braucht. 
Das Schneiden mit der Sehe er e aus freier Hand wird nur in Ermanglung pas 
sender Ausschlageisen, ferner zum Zurechtschneiden mancher ausgeschlagener Bestandtheile 
vorgenommen. 
Hat man durch das Ausschlagen die Blätter im Umriss erhalten, so müssen sodann 
die verschiedenen Krümmungen ihrer Flächen, die Rippen und andere Unebenheiten der 
Oberflächen, wie die mancherlei Furchen und Ausbiegungen der Blumenblättei hei \ or- 
gebracht werden, was durch verschiedene Mittel, unter denen das sogenannte Gaufriren 
das vorzüglichste ist, erfolgt. 
Die grünen Blätter werden aus schon fertigem grünen Stoffe (Laubstoff) mit dem 
Ausschlageisen ausgeschlagen und gaufrirt; bei feineren wird jedes Blatt noch mittelst des 
Pinsels schattirt, d. i. gezeichnet oder bemalt, sodann mit flüssigem Wachs bestrichen 
(gewachselt), lackirt oder mit Stärkemehl bestaubt, wodurch der natürliche Reim hervor 
gebracht wird. 
Das Gaufriren der grünen Blätter ist eine mehr mechanische Arbeit. Man 
verwendet dazu metallene Stempel, die sogenannten Gau fragen (Gaufroirs), die bei der 
grossen Verschiedenheit der nachzubildenden Pflanzen in beträchtlicher Anzahl vorräthig 
sein müssen. Zum Gebrauche wird der Obertheil des Stempels in den meisten Fällen er 
wärmt; man legt in den Untertheil ein ausgeschlagenes Blatt oder auch mehrere, setzt 
den Obertheil auf, und bringt beide unter eine Schraubenpresse. 
Es gibt Fabriken, die sich blos mit der Erzeugung der Blätter be 
fassen und selbe in Packeten, meistens per Gross, an die Blumenfabrikanten verkaufen 
oder in den Handel bringen.
	        
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