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Volltext: Die Verwendung weiblicher Arbeitskräfte in der Fabriks-Industrie und in einzelnen Zweigen des Verkehrswesens Österreichs : erläuternder Text zu einer Abtheilung der Ausstellung im Frauen-Pavillon, Weltausstellung 1873 in Wien

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Schliesslich ist noch das Färben (Schattiren) der Blumenblätter zu be 
sprechen, das erst nach dem Ausschlagen, jedoch vor dem Zusammensetzen erfolgt. Das 
blosse Bestreichen mit den Farben oder das Eintauchen in dieselben reicht bei weitem 
nicht immer hin; sehr oft müssen die Farben mit dem Pinsel aufgetragen, mit aufgetröpfeltem 
Wasser verdünnt und verwaschen werden. Streifen, Flecken und manche andere Zufällig 
keiten der Blätter werden aus freier Hand gemalt. Die Hauptfarben sind: Rosa, welches 
aus Rouge (Safflor-Extract) gemacht wird, ferner Carmin, wozu gewöhnlicher feiner Car- 
min in Pulverform verwendet wird. 
Das Verfahren des nassen Färbens hat je nach Verschiedenheit der Farben 
manche abweichende Formen. Bei der Anwendung von Anilinfar ben, die häufig ge 
braucht werden, besteht es darin, dass die aus weissem Stoffe ausgeschlagenen Päckchen, 
mehrfach getheilt, in destillirtes Wasser getaucht, ausgepresst und päckchenweise der 
Reihe nach aüf den Rand eines Tellers gelegt werden. Hierauf trägt man die flüssige Farbe 
mittelst eines Pinsels auf, indem jene Stelle betupft wird, welche am dunkelsten erscheinen 
soll; der fliessende Rand der Farbe wird mit der Fingerspitze gerieben, was das allmälige 
Verlaufen der Farbe vom Dunkeln ins Lichteste bezweckt. Sind alle Päckchen des Tellers 
auf der einen Seite fertig gemacht, so werden sie mittelst der Zange umgekehrt, worauf 
das Aufträgen und Verreiben der Farbe in gleicher Weise auf der anderen Seite wieder 
holt wird. Nach halbstündigem Abliegen werden die gefärbten Päckchen zwischen Fliess 
papier gebracht und gedrückt, um das bei dem späteren Sondern in Blätter mögliche 
Ineinanderfliessen der Farbe zu verhindern. Das Zerlegen der Päckchen in die einzelnen 
Blätter behufs des Trocknens geschieht entweder mit der Spitze einer Nadel oder mit der 
Zange ; die Blätter werden hierbei auf ein reines Tuch, meistens ein Schafwolltuch, 
gebracht. 
Die Hauptarbeiten der Blumenfabrikation, deren Wesen aus der vorstehenden zu 
sammenhängenden Schilderung hervorgeht, sind wie folgt, benannt: 
1. Das Ausschlagen der Pflanzenblätter, Blumenblätter und Blumenkelche. 
2. Das Schattiven der Blumenblätter, worunter das Färben und Bemalen derselben 
verstanden wird. 
3. Das Modelliren (Gaufriren) der Pflanzen- und Blumenblätter, um denselben, 
nachdem sie durch das Ausschlagen den richtigen Umriss erhalten haben, die weiter 
nöthigen Formen (Adern, Rippen, Wölbungen u. s. w.) zu geben. Es wird hierbei das 
Pressen, Gaufriren, Stülpen (Biegen der Blattränder) und K r atzel n (Fälteln) 
unterschieden. 
4. Das Wickeln, d. i. das Befestigen der Blumenbestandtheile an dem Stengel und 
das Umwickeln desselben mit Papier oder Anderem. 
5. Das Montiren, Formiren oder Ausbinden, unter welchen Bezeichnungen 
die zur gänzlichen Ausfertigung der Bouquets und Guirlandes erforderlichen Arbeiten ver 
standen werden. 
Die genannten Arbeiten werden grösstentheils sitzend veilichtet, sie sind, nui im 
Falle der Hantirung mit schweren Werkzeugen, z. B. bei der Anwendung grösserer Hand 
schlägel bei dem Ausschlagen, oder wenn längere Zeit stehend gearbeitet wird, anstrengend. 
Der grösseren Kraftanstrengung wegen wird das Ausschlagen und Pressen meistens von 
Männern besorgt. 
Diesem Gewerbe widmen sich in Wien meistens dreizehn- bis vierzehnjährige Mädchen 
aus Nieder-Oesterreich, Böhmen und Mähren, deren Eltern vorwiegend dem Stande der
	        
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