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Diese Arbeit bedarf einer jahrelangen Uebung und grosser Sorgfalt, wenn sie in
befriedigender Weise vollzogen werden soll.
Arbeitslohn 5 bis 12 fl. per Woche, durchschnittlich 7 fl.
5. Andere Hilfsarbeiten.
Ausser zu den bisher genannten Arbeiten werden weibliche Kräfte in der Gold-
und Silberwaaren-Industrie noch zu verschiedenen, sehr mannigfachen Hilfsarbeiten benützt.
Beispielsweise sei erwähnt, dass in der Kettenbranche Arbeiterinnen vielfach dazu ver
wendet werden, Ketten zu fabriciren, welche aus dünnen Drahtgliedern
bestehen, die in einander verbunden sind, von welchen in den meisten Fällen jedes Glied
für sich allein gelöthet wird. Ferner befassen sich Arbeiterinnen mit der Anfertigung
von solchen Mustern, bei denen die auswärtige Concurrenz die Preise derart gedrückt
hat, dass die Anfertigung derselben nur noch durch die billigere weibliche Arbeitskraft
möglich erscheinen kann. Endlich gibt das Princip der Arbeitstheilung den Arbeiterinnen
vielfach Gelegenheit, sich in einzelnen Theilen der Arbeit, die vordem durch
Männerhände verrichtet wurden, wirksam zu beschäftigen. Hierzu ist das An
fertigen von Charniren oder ähnlichen Oeffuungs- und Verschluss-Stücken, wobei pünct-
liche und exacte Arbeit Haupterforderniss ist, zu rechnen.
Bei dem Aufschwünge, den die österreichische Bijouterie-Fabrikation zu nehmen im
Begriffe ist, wodurch in der Folge öfter ein fühlbarer Mangel an Arbeitskräften eintreten
dürfte, steht zu erwarten, dass die Verwendung weiblicher Kräfte in den verschiedenen
Zweigen der Bijouterie-Branche eine noch ausgedehntere sein und sich dadurch für den
Erwerb des weiblichen Theils der Arbeiter-Bevölkerung ein grösseres und lohnendes Feld
eröffnen werde.
Die unter 1 bis 5 erwähnten Arbeiten werden, mit Ausnahme des Vergoldens, meist
sitzend verrichtet. Anstrengend ist blos das Poliren, weshalb sich dieser Arbeit nur
kräftigere Frauenspersonen widmen können. Das Alter der Arbeiterinnen ist, was jene
Wiens betrifft, von 16 bis 40 Jahren; die Mehrzahl derselben sind Wienerinnen.
Bei der Silberarbeit überhaupt, d. i. bei der Erzeugung der grossen Objecte wie bei
jener der Galanterie-Gegenstände, werden Arbeiterinnen mit seltenen Ausnahmen nur zum
Poliren, welches nach dem Weisssieden mittelst eines mit Seifenwasser u. dgl. befeuchteten
Polirstahls geschieht, verwendet.
Bei der Goldarbeit werden beiläufig 70 Percent der bei dieser Branche verwendeten Ar
beiterinnen zum Glattschleifen oder Glanzschleifen benützt. Nach dieser Manipulation
gelangen die Gegenstände in dem einen Falle zur Färbung (in die Aetzfarbe, eine Mischung
von Salpeter, Salz und Salzsäure, welche mit Wasser gemischt ins Kochen gebracht, und
in welche sodann die Gegenstände nach Erforderniss eingehängt werden) oder in dem an
deren Falle, wenn sie glanzgeschliffen werden, in ihrer Naturfarbe zum Finiren.
Bei der Juwelenarbeit werden Arbeiterinnen ausschliesslich nur zum Glatt- und
Glanzschleifen verwendet.
Die Zahl der in Wien bei der Erzeugung von Gold-, Silber- und Juwelenarbeiten
beschäftigten Frauenspersonen beträgt bei 200.
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