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Volltext: Die Verwendung weiblicher Arbeitskräfte in der Fabriks-Industrie und in einzelnen Zweigen des Verkehrswesens Österreichs : erläuternder Text zu einer Abtheilung der Ausstellung im Frauen-Pavillon, Weltausstellung 1873 in Wien

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Diese Arbeit bedarf einer jahrelangen Uebung und grosser Sorgfalt, wenn sie in 
befriedigender Weise vollzogen werden soll. 
Arbeitslohn 5 bis 12 fl. per Woche, durchschnittlich 7 fl. 
5. Andere Hilfsarbeiten. 
Ausser zu den bisher genannten Arbeiten werden weibliche Kräfte in der Gold- 
und Silberwaaren-Industrie noch zu verschiedenen, sehr mannigfachen Hilfsarbeiten benützt. 
Beispielsweise sei erwähnt, dass in der Kettenbranche Arbeiterinnen vielfach dazu ver 
wendet werden, Ketten zu fabriciren, welche aus dünnen Drahtgliedern 
bestehen, die in einander verbunden sind, von welchen in den meisten Fällen jedes Glied 
für sich allein gelöthet wird. Ferner befassen sich Arbeiterinnen mit der Anfertigung 
von solchen Mustern, bei denen die auswärtige Concurrenz die Preise derart gedrückt 
hat, dass die Anfertigung derselben nur noch durch die billigere weibliche Arbeitskraft 
möglich erscheinen kann. Endlich gibt das Princip der Arbeitstheilung den Arbeiterinnen 
vielfach Gelegenheit, sich in einzelnen Theilen der Arbeit, die vordem durch 
Männerhände verrichtet wurden, wirksam zu beschäftigen. Hierzu ist das An 
fertigen von Charniren oder ähnlichen Oeffuungs- und Verschluss-Stücken, wobei pünct- 
liche und exacte Arbeit Haupterforderniss ist, zu rechnen. 
Bei dem Aufschwünge, den die österreichische Bijouterie-Fabrikation zu nehmen im 
Begriffe ist, wodurch in der Folge öfter ein fühlbarer Mangel an Arbeitskräften eintreten 
dürfte, steht zu erwarten, dass die Verwendung weiblicher Kräfte in den verschiedenen 
Zweigen der Bijouterie-Branche eine noch ausgedehntere sein und sich dadurch für den 
Erwerb des weiblichen Theils der Arbeiter-Bevölkerung ein grösseres und lohnendes Feld 
eröffnen werde. 
Die unter 1 bis 5 erwähnten Arbeiten werden, mit Ausnahme des Vergoldens, meist 
sitzend verrichtet. Anstrengend ist blos das Poliren, weshalb sich dieser Arbeit nur 
kräftigere Frauenspersonen widmen können. Das Alter der Arbeiterinnen ist, was jene 
Wiens betrifft, von 16 bis 40 Jahren; die Mehrzahl derselben sind Wienerinnen. 
Bei der Silberarbeit überhaupt, d. i. bei der Erzeugung der grossen Objecte wie bei 
jener der Galanterie-Gegenstände, werden Arbeiterinnen mit seltenen Ausnahmen nur zum 
Poliren, welches nach dem Weisssieden mittelst eines mit Seifenwasser u. dgl. befeuchteten 
Polirstahls geschieht, verwendet. 
Bei der Goldarbeit werden beiläufig 70 Percent der bei dieser Branche verwendeten Ar 
beiterinnen zum Glattschleifen oder Glanzschleifen benützt. Nach dieser Manipulation 
gelangen die Gegenstände in dem einen Falle zur Färbung (in die Aetzfarbe, eine Mischung 
von Salpeter, Salz und Salzsäure, welche mit Wasser gemischt ins Kochen gebracht, und 
in welche sodann die Gegenstände nach Erforderniss eingehängt werden) oder in dem an 
deren Falle, wenn sie glanzgeschliffen werden, in ihrer Naturfarbe zum Finiren. 
Bei der Juwelenarbeit werden Arbeiterinnen ausschliesslich nur zum Glatt- und 
Glanzschleifen verwendet. 
Die Zahl der in Wien bei der Erzeugung von Gold-, Silber- und Juwelenarbeiten 
beschäftigten Frauenspersonen beträgt bei 200. 
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