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Volltext: Die Verwendung weiblicher Arbeitskräfte in der Fabriks-Industrie und in einzelnen Zweigen des Verkehrswesens Österreichs : erläuternder Text zu einer Abtheilung der Ausstellung im Frauen-Pavillon, Weltausstellung 1873 in Wien

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Mit wenigen Ausnahmen genügen mehrere Monate, um Arbeiterinnen für obige 
Manipulationen abzurichten. Im Allgemeinen sind die Arbeiten, die meistens sitzend ver 
richtet werden, nicht derart, dass einzelne Organe besonders in Anspruch genommen wären, 
oder dass, die nöthige Vorsicht (namentlich beim Poliren unversilberter Gegenstände mit 
Kalk) vorausgesetzt, die Gesundheit gefährdet würde. 
Die in Verwendung stehenden Arbeiterinnen haben ein Alter von 16 bis 40 Jahren. 
Die tägliche Arbeitszeit beträgt 10 Stunden. 
Die Arbeiterinnen verdienen sich per Woche im Durchschnitte 5 fl.; sehr geübte 
Arbeiterinnen erlangen auch einen Wochen verdienst von 8 fl. und darüber. 
Die Zahl der in den Chinasilber-Waaren-Fabriken Nieder-Oesterreicfls beschäftigten 
Arbeiterinnen dürfte 5- bis 600 betragen. 
Fabrikation von unechtem Blattgold und Blattsilber. 
(Metallschlägerei.) 
In diesem Gewerbe werden Arbeiterinnen zum Einfüllen und Leeren der For 
men verwendet; unter Letzteren versteht man Packete von 700 aufeinander liegenden 
Goldschlägerhäutchen, zwischen welchen das Metall geschlagen wird. 
Die genannte Arbeit ist und war von jeher eine speciell weibliche, da hiezu eine 
feinfühlige und gelenkige Hand unbedingt nothwendig ist; sie könnte von männlichen Ar 
beitern dieses Gewerbes, die in Folge des Schlagens mit 10 bis 18 Pfund schweren eisernen 
Hämmern die erforderliche Gelenkigkeit der Hände nicht besitzen, niemals verrichtet werden. 
Zu anderen Arbeiten, wie z. B. Schlagen und Pressen der Formen, welche entwickelte 
physische Kräfte erfordern, können Mädchen nicht verwendet werden. 
Das Ein füllen der Formen geschieht, indem die Arbeiterinnen mit der rechten 
Hand mittelst sehr dünner hölzerner Zangen (Handzangen genannt) Metallblättchen in der 
Grösse eines Quadratzolles genau in die Mitte der Goldschläger-Häutchen (Formen) legen, 
und mit der linken Hand das oben liegende Formhäutchen darüberschieben. 
Das Leeren der Formen besteht in dem ebenfalls mit der erwähnten Zange 
gemachten Herausnehmen der nun bis zu einer Grösse von fünf Quadratzoll geschlagenen 
Metallblätter aus den Formen, worauf entweder das Einlegen der Blätter in bereit 
gehaltene Papierbücher (Metallbücher), oder das Auslegen und Abzählen von je 110 
Metallblättern auf Papier - Quartblätter erfolgt. Letztere Art ist das s. g. Schlag- oder 
Vergoldermetall. 
Da diese Arbeit eine bedeutende mechanische Fertigkeit erfordert, so ist es meisten- 
theils nothwendig, dass die Arbeiterinnen schon von Jugend an daran gewöhnt werden. 
Es war daher früher eine Lehrzeit von 3 Jahren bei Mädchen von 12 bis 16 Jahren ge 
bräuchlich, während welcher Zeit dieselben in ganzer Verpflegung waren und einen Monat- 
Lohn von 3 bis 4 fl. hatten. Bei Einführung der neuen Löhne (Stücklohn) wurde auch 
die Lehrzeit, mitunter bis auf ein Jahr reducirt. 
Eine Arbeiterin mit mittleren Fähigkeiten soll 4000 Blätter täglich leeren und ein- 
füllen, tüchtige Arbeiterinnen bringen es auf 7000 bis 8000 Blätter. Aussergewöhnliche 
körperliche Fähigkeiten oder Schulbildung sind nicht erforderlich. Die Arbeit wird sitzend 
verrichtet, strengt kein Organ besonders an und ist der Gesundheit in keiner Weise nach 
theilig.
	        
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