reichbares Musterbild einer Dorfschule vorzuführen. Das Comite musste rasch
und energisch arbeiten, da das Project erst einige Wochen vor Eröff
nung der Ausstellung auftauchte.
Der Architekt führte das Schulhaus und die Wirthschaftgebäude mit der
Turnhalle aus; Hofrath Lorenz besorgte den Garten; dem Schulmanne fiel
die Ausstattung der Schule zu, während Architekt und Schulmann unablässig
über die Forderungen der Pädagogik und Schul - Gesundheitspflege sich aus
tauschten.
Am 9. Juli — also in kurzer Zeit — wurde die Schöpfung des Comites
der Schulfreunde feierlich eröffnet.
Die österreichische Musterschule liegt am Eingänge des „Dorfes” vor dem
Vorarlberger Bauernhause.
Ein Raum von 1300 Quadratmetern wurde von der Generaldirection
der Weltausstellung unentgeltlich dem stattlichen Objecte zugewiesen, welches
mit einem schlichten Holzzaune umgeben ist. Von der Dorfgasse aus erblickt
man in der Mitte des Vordergrundes die einfach, aber würdig gehaltene Läng
seite des Hauses mit der prunklosen Aufschrift „Schule”, zur Linken winkt
der Garten freundlich herüber, zur Rechten der Sommer-Turnplatz und die
Turnhalle, zwischendurch leuchten Blumenbeete in freudiger Farbenpracht, mit
ihrem Dufte den Eintretenden bewillkommnend.
Der Eingang für die Schulkinder, an der Schmalseite, gegen die Kunst
halle der Weltausstellung hin, von einem Vordache gegen die Unbill der Wit
terung geschützt, führt vorerst in ein kleines Vorhaus, auf dessen schmucker
Bank die Mütter ihre kleinen Mädchen nach der Schulzeit ei-warten.
Geradeaus schreitend gelangt man in das Arbeitszimmer des Lehrers;
wir aber wenden uns rechts und begeben uns über die Stiege in das obei-e
Stockwerk, d. i. in die eigentlichen Schulräume. Eine sichere und bequeme
Stiege mit einem Absatz führt uns hinauf; hell und geräumig empfängt uns das
Stiegenhaus. Das farbige Glas der hohen Fenster entsendet ein mildes Licht durch
die Räume der Schule, welche ja dem guten Menschen heilig sind, wie dem
Gläubigen die Kirche ist, und ruft in uns eine weihevolle Stimmung wach.
Stiegenhaus und Vorhaus sind mit Sprüchen geschmückt, geschrieben auf einem
hölzernen Fries, der ringsum unter dem Plafond und um die Rippen der Wöl
bung hinläuft. 1 ) Alles Holzwerk ist weich, aber es ist mit zwei Farben behan
delt und eingelassen.
Wir treten in das Schulzimmer. Dieses ist 29 österr. Schuh lang, 21 1 /^
Schuh breit und an 12 Schuh hoch (d. i. 9 s / 10 , 6 s /j 0 , 3 6 / 10 Metei-). Die
Wände sind lichtgrün gehalten und ringsum mit kräftigen dunklen Streifen ge
schmückt, unten mit breiten Holzleisten znm Schutze des Mauerwerks umrahmt.
Auch hier trägt der Fries sinnige Sprüche, kernig und für das Leben bereeh-
1) Die Sprüche in der Schule siehe Anhang.