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3. Die Volksbewegung.
Die Matrikeln, welche das Materiale zu den Ausweisen der
Volksbewegung liefern, werden in Ungarn von der Geistlichkeit
der einzelnen Confessionen geführt.
Das Verlangen, welches im Auslande immer mehr in den
Vordergrund tritt, — wie diess auch auf dem im Jahre 1872 in
St. Peterburg abgehaltenen internationalen statistischen Congresse
geschah, — dass die Führung der Volksbewegungslisten auf
weltliche Organe übertragen werde, tritt in Ungarn bis jetzt nur
sporadisch auf.
Die Trauungen, Geburten und Todesfälle wur
den bis jetzt in den Kirchen-Matrikeln vorgemerkt, und die
daraus verfertigten Auszüge waren berufen, durch das statistische
Bureau zusammengestellt, die jährliche Volksbewegung des Lan
des nackzuweiseu.
So geschah es in früherer Zeit. Doch, sowie die im Jahre
leö2 in Angriff genomme Datensammlung im Jahre 1860 unter
brochen wurde und nur im Jahre 1864 wieder aufgenommen
werden konnte, ebenso entstand im Jahre 1867 abermals eine
Lücke und es gelang noch bis heute nicht, die nöthigen Ausweise
von der gesammten Geistlichkeit der im Lande vorhandenen zahl
reichen Confessionen zu erlangen ; das energische Auftreten der
Regierung auf diesem Gebiete in neuester Zeit lässt jedoch hoffen,
dass auch die noch vorhandenen Lücken möglichst bald aus
gefüllt und dann diese hochwichtigen Momente des Gesellschaft
lebens ununterbrochen und fortlaufend zur Kenntniss des Publi
kums werden gebracht werden können.
Bis dahin müssen wir uns mit den älteren Daten behelfen,
welche sich auf das 1860ger Decennium erstrecken, und wenn
aus denselben auch die Bewegung der letzten Jahre nicht ersicht
lich sein kann, so sind sie doch umso interressanter, als wir daraus
die Dnrcbschnits-Zahlen eines ganzem unlängst verflossenen Deceu-
ninrns kennen lernen.
Betrachtet mau diese Zahlen und wird die Gesammtbevöl-
kerung der Länder der ungarischen Krone mit 15 Millionen an
genommen, so kommen in einem Jahre durchschnittlich 130.000
Trauungen vor, und fällt im allgemeinen eine Trauung auf
108 Seelen. Dieses Verhältniss ist bei den einzelnen Confessionen
verschieden. Am grössten zeigt sich dasselbe bei den Griechisch-
Orientalischen, wo schon auf 92 Seelen eine Trauung entfällt; bei