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Gleichberechtigung auf. Die Rechte und Freiheiten der Bekenner
der verschiedenen Glaubensbekenntnisse sind durch besondere
Gesetze gesichert, und das Verhältniss der Kirche zum Staate wird
durch die Gesetzgebung geregelt. Eine Glaubensgenossenschaft,
bezüglich welcher keine gesetzliche Verfügung besteht, wird als
nicht bestehend betrachtet und hat keinen Anspruch auf den
Schutz der Behörden.
Die Verhandlungs- und Berathungssprache für die Gesetz
gebung, überhaupt die Geschäftssprache der Regierung und der
Behörden, so wie aller Staatsämter, der durch den Staat erhal
tenen Unterrichts-, Wohlthätigkeits- und anderen Institute, ausser
in Kroatien und Slavonien, ist die ungarische Sprache.
Die Gesetze und wichtigem Regierungsverordnungen wer
den in alle gangbaren Landessprachen übersetzt, und auch
in denselben publizirt.
Bei Sitzungen der Municipien kann sich Jeder seiner Mut
tersprache bedienen, auch können die Protocolle, wenn es von
dem betreffenden Vertretungskörper gewünscht wird, ausser der
ungarischen Textirung auch in andern im Lande üblichen Spra
chen abgefasst werden.
Die Sprache der Gemeinden, kirchlilichen Behörden und
nicht vom Staate erhaltenen Schulen hängt von der Körperschaft
ab, welche die Angelegenheiten derselben verwaltet, übrigens
aber ist die Regierung und Behörde verpflichtet, Eingaben, Zeug
nisse und Dokumente in jeder landesüblichen Sprache anzuneh
men ; auch wird in allen Mittel- und höheren Schulen des Staates
die in der betreffenden Gegend des Landes übliche Sprache als
Lehrgegenstand vorgetragen.
Jeder Bürger ist durch das Gesetz zur Erwerbung von
Grundbbeitz oder zur Erlangung eines Amtes berechtigt (vor dem
Jahre 1848 konnten auf höhere Aemter nur Adelige Anspruch
machen). Der, wie wir später sehen werden, mit sehr umfang
reichen und Jedermann leicht zugänglichen Rechten ausgestattete
Staatsbürger nimmt Theil an der Wahl seiner eigenen Gemeinde-
und Municipal-Organe, hat bei den Gemeinde- und Generalver
sammlungen der Municipien seine Stimme und übt sein gesetzliches
Stimmrecht auch bei der Wahl der Abgeordneten zum Reichs
tage aus.
Unter denB ü r ge r pflichten stehen die m o r a 1 i s ch en
in erster Reihe und unter diesen jene gesetzlichen Anordnungen