146
der allerwärts herrschende Mangel an Stylgefühl auch uusern
modernen Bauten seine Spuren aufgedrückt hat. In dieser Hinsicht
sichert uns der künstlerische Aufschwung im nachbarlichen
Wien eine bessere Wendung. Doch einen noch grossem, und
nicht nur auf die Bauten im engem Sinne, sondern auch auf
sämmtliche Zweige der Kunst sich erstreckenden grossen und
entscheidenden Einfluss zu nehmen, verspricht der gesammte
Umschwung unseres verjüngten Staatslebens, an dessen
Schwelle die Nation durch die Ereignisse der letzten sechs Jahre
gelangte. Buda-Pest, als die von Tag zu Tag sich verschönernde
und vergrössernde Hauptstadt des neu erstandenen unabhängigen
Staates, als Sitz der nationalen Regierung und als Mittelpunkt
des zusehends rascher pulsirenden materiellen und geistigen Le
bens, wird in Folge seines Berufes als Hauptstadt darauf hinge
wiesen sein, zahlreiche Fehler gut zu machen und in erster
Reihe durch die nothwendig gewordene monumentale Errichtung
vieler öffentlicher Gebäude den sämmtlichen, in der Nation
schlummernden Kunstkräften zu ihrer Bethätigung und Entwick
lung ein weites Feld und reichliche Gelegenheit zu bieten. Der
Eintritt dieses im ganzen Laude ersehnten Zeitabschnittes wird
ohne Zweifel einen neuen Ausgangspunkt hohem Aufschwunges
bezeichnen, zugleich aber auch der gesammten vaterländischen
Kunst eine schönere Zukunft eröffnen.
Bezüglich der Musik ist zu bemerken, dass das seit dem
Jahre 1841 bestehende Pester National-Conservatorium
mit einem Stammkapital von kaum 5O.CO0 Gulden im Stande war,
12 Professoren anzustellen, welche an 217 Schüler Musikunter
richt ertheilten ; seit dem Jahre 1871 bezieht dasselbe eine vom
gesetzgebenden Körper bereitwilligst votirte Staatsbeihilfe, und
obgleich auch die schon wiederholt zur Sprache gebrachte
Gründung einer M u s i k a c a d e m i e bisher noch nicht für aus
führbar gehalten wurde, geschahen doch in neuester Zeit mehrere
zweckmässige Verfügungen bezüglich Ertheilung des Musik- und
Gesangunterrichtes in den Elementarschulen und Lehrer-Bil-
dungs Instituten.
Es wird übrigens die am ungarischen National-Theater
bestehende Gesang- und Mnsik-Präparandie, eben
falls jährlich mit bedeutenden Staatsunterstützungen betheilt, so
wurden im Jahre 1^68 ausser den zu Gunsten des Nationalthea
ters präliminirten i.’4 0C0 fl. noch 20.000 Gulden für die Musik-
präparandie in den Staatsvoranschlag aufgenommen, und in den