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b. DieSpiritus-Liqueur-undEssigfabrication.
Jene Spiritusbrenner, welche dies Geschäft fa-
briksmässig betreiben, sowie ein Theil jener grösseren Grundbe
sitzer, welche wegen Dunggewinnung Vieh mästen, und demge
mäss neben ihrer Landwirtschaft in fabriksmässig eingerichtetem
Betrieb Spiritus brennen, besitzen schon den heutigen Verhält
nissen vollkommen angemessene moderne und vervollkommnete
Kessel, Maisch- und Kühlapparate und kann der Betrieb derselben
durchaus rationell genannt werden. Die kleineren Grundbesitzer
jedoch, die sogenannten bäuerlichen Brenner, haben zum
grossen Theil nur unvollkommene, Zeit und Steuer verschwen
dende Apparate, und sehr häufig sind bei ihnen so primitive Ein
richtungen anzutreffen, wie sie noch vor 50 Jahren im Gebrauch
waren, als noch kein Steuersystem bestand und man über billiges
Feuerungsmaterial und billige Arbeitskraft verfügte.
Die Arbeiter besitzen nur in selteuen Fällen diejenige Bil
dung, welche dieser Industriezweig mit Rücksicht auf die hohe
Besteuerung des Fabricats erheischen würde, und es wäre daher
sehr zu wünschen, dass sie einige, im Wege des Uuterichts zu
erlangende zymotechnische Vorkenutnisse erlangen würden.
Ohnehin blüht dieser Industriezweig nur dort und hat die besten
Erfolge aufzuweisen, wo ihm regelmässig geführte, übersichtliche
statistische Aufzeichnungen zu Gebote stehen: über das Grad-
und Zeitmass, über den Gährungsverlauf, über die dabei sich
zeigenden verschiedenen Erscheinungen, Uber die Veränderungen,
welche von Zeit zu Zeit im Steuersystem vorzukommen pflegen,
und die in Folge davon eintretenden verschiedenen Verhältnisse,
über die Ursprungspreise des Fabricats u. s. w.; denn diese regel
mässigen durchschnittlichen Aufzeichnungen bilden bei jeder
Industrie oder Fabrik das Regulativ, und nur ein solcher Indus
trieller und Fabrikant besitzt zu jeder Zeit und unter allen Um
ständen volle Gewalt Uber sein Geschäft. Diesen Mangel empfin
den wir überhaupt bei unsern vaterländischen industriellen
Unternehmungen, vornehmlich aber bei den häufig leichtsinnig
geführten sogenannten Gesellschafts-Unternehmun
gen. Dies erscheint als ein schwerer Vorwurf, aber er findet
seine Bestätigung in den gemachten Erfahrungen.
Für die Spiritusfabricätion werden Kukurutz,
Kartoffeln, Rüben, Melasse, Roggen, für die Malzbereitung aber
Gerste und manchmal auch Hafer verwendet.