92
GR. XII. GRAPHISCHE KÜNSTE UND GEWERBLICHES ZEICHNEN.
bereitet. Diese fabricirt auch farbige Pa
piersorten (Buntpapier) u. a. m. Mit dem
Buchbinden als Handwerksnahrungszweig
beschäftigten sich der Angabe nach i. J.
1871 mehr als 700 Personen, wovon 35
weibliche.
Gruppe XII.
Graphische Künste und gewerbliches Zeichnen.
Buchdruck. "Unter Pressfreiheit ver
steht man” — so heisst es in dem schwe
dischen Grundgesetze — "das Recht eines
jeden Schweden Schriften zu veröffentlichen,
ohne dass ihm zuvor von der öffentlichen
Macht Hindernisse in den Weg gelegt wer
den dürfen; sowie ferner, dass er hernach
wegen des Inhaltes derselben nur vor ei
nem gesetzlichen Richterstuhl zur Verant
wortung gezogen und in keinem andern
Falle dafür bestraft werden kann, als wenn
dieser Inhalt mit einem deutlichen Gesetze
in Widerspruch steht, welches gegeben ist
zur Bewahrung der allgemeinen Ruhe, ohne
die allgemeine Aufklärung zurückzuhalten.”
Die Pressfreiheits-Verordnung vom 16
Juli 1812 (das vierte unter den Grundgese
tzen des Reiches) enthält u. a. die folgenden
Bestimmungen: der Veröffentlichung einer
Schrift darf keine Censur vorangehen, und
es sind dazu keinerlei Privilegien erforder
lich; zur Herausgabe von Zeitungen oder
periodischen Zeitschriften bedarf es nur ei
ner Anmeldung bei dem Staatsminister der
Justiz, und das Gesuch um Erlaubniss dazu
wird nur in dem Falle nicht bewilligt,
wenn der Ansucher wegen eines schimpfli
chen Verbrechens verurtheilt oder für un
würdig erklärt worden ist, vor Gericht für
Andre das Wort zu führen; auch zu der
Errichtung einer Buchdruckerei ist kein Pri
vilegium, sondern nur eine Anzeige bei
den Behörden erforderlich; doch soll eine
Druckerei in einer Stadt oder in der Ent
fernung von höchstens i schw. (| geogr.)
Meile von einer solchen angelegt werden;
auf jeder Schrift soll der Name des Buch
druckers und des Druckjahres sowie die
Jahreszahl stehen.
Das älteste in Schweden gedruckte Buch
("Vita sive legenda cum miraculis Kathe-
rine”) ist i. J. 1474 und ein anderes (”Dya-
logus creaturarum moralizatus”) i. J. 1483
gedruckt, beide in Stockholm von herum
wandernden Buckdruckern. Seit 1491 hat
Stockholm wahrscheinlich eine feste Buch
druckerei besessen; damals wurden hier
Ablassbriefe sowie das erste in schwedi
scher Sprache herausgegebene Buch (”Aff
dyäfvolsens frästilse”, d. i. Ueber die Ver
suchung des Teufels) 1495 gedruckt. Diese
Druckerei ruhte gleichwohl nach 1498. Der
König Gustaf I liess i. J. 1525 in Stock
holm eine andere einrichten, welche das
Organ der Reformation und der königlichen
Macht wurde. Die Orte, in denen die
übrigen ältesten Buchdruckereien angelegt
wurden, sind: das Kloster Wadstena (1495),
Uppsala (1510), Söderköping (1523, ver
legt nach Malmö 1528), Westeräs (1621),
Strengnäs (1622), Kalmar (1626, verlegt
nach Linköping 1636), Nyköping (1645,
verlegt nach Göteborg 1650), Lund (1663).
Visingsö (Insel im Wetter-See) erhielt 1666
eine Druckerei, welche 1688 nach Jönkö-
ping verlegt wurde, und i. J. 1707 erhielt
Skara seine erste Druckerei.
I. J. 1740 gab es in Schweden 18
Buchdruckereien, wovon 8 in Stockholm;
1840 gab es 74, wovon 19 in Stockholm;
jetzt giebt es im Reiche 146 Buchdrucke
reien, vovon 28 in Stockholm; i. J. 1870
waren bei den Druckereien (damals 143)
629 Gehülfen, 539 Lehrlinge und 67 Frauen
zimmer, Summa 1,235 Personen beschäftigt,
davon in Stockholm 323 Gehülfen, 211 Lehr
linge und 30 Frauenzimmer, Summa 564
Personen. Bei diesen Druckereien wurden
etwa 100 Maschinen- und 200 Handpres
sen angewendet.
Unter den aus den Buchdruckereien her-
vorgegangenen Erzeugnissen nehmen hier,
wie anderwo, die Zeitungen und Zeit
schriften einep hervorragenden Platz ein,
von welchen 1871 erschienen 216 und
davon 52 in Stockholm. Es wird berech
net, dass i. J. 1870 allein durch die Post-
austalt 6,000,000 inländische und 300,000