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GR. XVI. HEERES WESEN.
besitzes davon. Die Ungleichmässigkeit in
der Besteuerung, die eine Folge dieser
Massregel war, hat einen Beschluss bezüg
lich der ”Extra-Rottirung” des sog. pri-
viligirten Grundbesitzes veranlasst. Die
hierdurch entstandenen Extra-Rotten sind
doch von aller Recrutirung in Friedenszei
ten befreit worden. Dagegen sind sie im
Gegensätze zu dem, was bei den übrigen
eingetheilten Truppen der Fall ist, verpflich
tet, in Kriegszeiten Mannschaft zu stellen
und dann auch für deren Bekleidung zu
sorgen.
Um bei eintretendem Kriege Vorrath
an Pferden zu haben, ist mit der Mehr
zahl der Extra-Ausrüster die Uebereinkunft
getroffen worden, im Falle eines Krieges
anstatt eines ungeübten Recruten ein Pferd
zu stellen.
Die Zahl der Extra-Rotten beläuft sich
gegenwärtig auf 2,671.
II. Die allgemeine Wehrpflicht.
Die Pflicht eines jeden Mitbürgers, sein
Land zu vertheidigen, ist schon seit ural
ten Zeiten in Schweden bekannt und aner
kannt gewesen. Mehr oder weniger streng
in Anspruch genommen, hat es Zeiten ge
geben, in denen dieselbe hier gleichwie
anderswo nur ein Begriff gewesen ist, zu
anderen Zeiten dagegen hat sie die Grund
lage der Verfassung gebildet.
Gegenwärtig ist jeder Schwede wehr
pflichtig oder, wie man sagt, verbunden in
die allgemeine Wehr (Beväring) zu treten,
denn weder Freikauf noch einen Ersatz
mann zu stellen ist erlaubt. Die Wehrpflicht
beginnt mit dem nach dem zurückgelegten
20sten Lebensjahre anbrechenden Jahre und
endet mit erreichtem 25sten Jahre.
Von der Verpflichtung, in die allge
meine Wehr zu treten, sind doch gesetz
lich befreit: die infolge von Gebrechen,
Krankheit oder Körperschwäche zum Kriegs
dienst ganz Untauglichen; die im Kriegs
dienste oder beim Lothsen- und Küsten-
beleuchtungs-Commando Angestellten; die
Postillone und Postknechte; die Handwer
ker in den Werkstätten der Artillerie und
der Marine; die Arbeiter bei den Gewehr-
factoreien, Pulvermühlen und Schwefelwer
ken und endlich die im Staatsdienste be
findlichen Personen, welche der König
der Wehrpflicht zu entbinden Veranlassung
findet.
Die allgemeine Wehr oder Bewehrung
ist in fünf Altersklassen eingetheilt. In
Kriegszeiten oder wenn sonst die Verthei-
digung des Reiches es erheischt, kann der
König eine oder mehre Klassen zum Kriegs
dienste aufbieten entweder aus dem gan
zen Lande oder aus gewissen Provinzen.
Zur Friedenszeit können dagegen nur die
beiden jüngsten Altersklassen zu lötägi-
ger Waffenübung jährlich einberufen wer
den. Von Waffenübungen und Dienstlei
stungen in Friedenszeiten sind ausserdem
befreit: See-Kapitaine, Steuermänner, Ma
schinisten und andere bei der Handelsflotte
angestellte Seeleute. Diese sind doch ver
pflichtet, in Kriegszeiten bis zum 35 Le
bensjahre auf der Kriegsflottte zu dienen.
Sind die Wehrpflichtigen im Dienst, so
stehen , sie unter den Kriegsgesetzen, sonst
unter dem allgemeinen Gesetze.
Das Land ist in besondere Wehrkreise
für die Armee und die Flotte eingetheilt;
doch ist die Insel Gotland mit ihrer exceptio-
n eilen Wehrverfassung hiervon ausgenom
men. Die Bewehrung ist den innerhalb der
Wehrkreise verlegten geworbenen oder einge-
theilen Regimentern oder Corps zugetheilt.
Jeder Jüngling muss in dem Jahre, mit
welchem er in das Wehralter eintritt, sich
bei einer Musterung einfinden, die jährlich
im Monate April in jedem Kreise abge
halten wird. Diese Musterungen werden
vom Landshauptmann im Beisein des Chefs
desjenigen Infanterie-Regiments, welches
seinen Standort im Kreise hat, vorge
nommen; ihnen assistiren ein Musterungs-
Commissar und ein Arzt. Bei den Muste
rungen wird die Mannschaft approbirt und
in die Listen eingetragen oder auch cassirt.
In letzterem Falle muss sie sich bei der
Musterung des nächsten Jahres einstellen.
Diejenigen Wehrpflichtigen, welche cassirt
oder nach dem Gesetze befreit werden, emp
fangen dagegen einen vom Landshaupt
mann Unterzeichneten sog. Freibrief.
In den Kreisen, wo ausser Infanterie
auch Artillerie oder Cavallerie stationirt ist,
wird bei den Musterungen ein kleineres
Contiugent für diese letzteren Waffengat
tungen ausgewählt. Man nimmt hierbei
besonders Rücksicht auf die eigene Wahl
der Wehrpflichtigen.
Die Bewehrung wird zwar gegenwärtig
in Land- und See-Wehr eingetheilt, ist aber
in letzterer Zeit ausschlieslich bei der Ar-