GK. XVJ. HEERESWESEN.
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mee geübt worden. Die Stärke der ersten
Altersklasse ist ungefähr '20,000 Mann und
die aller Altersklassen circa 80,000 Mann.
Von besonderen Bewehrungs-Corps, die
festen Cadre aber keine Stammtruppe ha
ben, giebt es:
ein Regiment 1 ) und
zwei Bataillone.
Ortsvertheidigung.
I. Vertheidigung der Insel Gotland.
Die Insel Gotland ist infolge ihrer gros
sen Entfernung vom Festlande einem feind
lichen Angriffe besonders ausgesetzt. Da
es bei einer solchen Gelegenheit oft sehr
schwer sein kann vom Festlande Hülfe zu
senden, so hat die Bevölkerung der Insel
sich verbunden, eine besondere sog. Na
tionalwehr zu bilden, in welche jeder waf
fenfähige Mann der Bevölkerung einzutre
ten verpflichtet ist. Das wehrpflichtige
Alter beginnt mit dem 18ten und endet
mit dem 50sten Jahre.' Vom 50sten bis
zum 60sten Jahre muss aber noch jeder
bei Feldarbeiten u. s. w. mitwirken. Diese
Nationalwehr kann nicht ausserhalb der
Grenzen der Insel beordert werden und
steht nur während der Ausübung des Dien
stes unter den Kriegsgesetzeu.
Bei den jährlichen Musterungen wird
jeder, der Waffen tragen kann und nicht
Alters oder Krankheit halber dazu untaug
lich ist, ausgehoben. Hausherren, Pächter
u. s. w. bilden ein besonderes Corps, wel
ches nicht zur Dienstleistung commandirt
werden darf, ausser wenn die höchste Noth
es gebietet.
Die Nationalwehr ist nur als Infanterie
und Artillerie organisirt. Die Infanterie
besteht aus 4 Bataillonen, jedes zu 7 bis
8 Compagnien; die Artillerie besteht aus
3 Fussbatterien. Die Infanteristen sind 18
bis 45 Jahre und die Reservisten 45 bis
50 Jahre alt; die Mannschaft der Artillerie
besteht aus einer geworbenen Stammtruppe
von 75 Mann und 200 Wehrpflichtigen
zwischen 21 und 30 Jahren, welche die
Batterie-Chefs aus der Zahl der Infanteristen
auswählen.
Die Officiere bei der Nationalwehr wer
den eben so wie bei der übrigen Armee
vom König ernannt, wogegen die Unter-
officiere und Korporale von der Mann
schaft gewählt werden und zwar so, dass
auf je 25 Mann ein Korporal und auf je
50 Mann ein Unterofficier kommt.
Die Mannschaft wird während 6 Tage
jährlich geübt. Der Staat liefert die Mu
nition und die Gewehre, welche die Truppe
behält und dafür verantwortlich ist. Sie
exercirt in eigenen Kleidern und erhält
dafür einen Ersatz, sowie sie sich auch
selbst beköstigen muss, wofür der Staat 53
Centimes täglich für jeden Mann bezahlt.
Die ganze Stärke der Nationalwehr be
trug im Jahre 1872 6,335 Mann (ausser
der Reserve), was 11*7 % der Bevölkerung
ausmacht.
II. Die freiwilligen Scharfschützen-
Vereine.
Die Armee-Organisation Schwedens, auf
eine geringzählige stehende Armee und eine
unentwickelte Landwehr-Institution gestützt,
hat den Wunsch des Patrioten nach einer
starken Wehrkraft nicht befriedigen kön
nen. Die freiwilligen Scharfschützen-Vereine
sind ein sichtbarer Ausdruck dieses Gefühls
der Unsicherheit und haben daher den Zweck,
schon in Friedenszeiten eine organisirte, frei
willige Wehr neben der durch das Gesetz
bestimmten zu bilden.
Die Vorschriften, welche in der könig
lichen Verordnung vom 8 März 1861 in
Betreff der freiwilligen Scharfschützen-Ver
eine enthalten sind, bestimmen Folgendes:
Jeder freiwillige Scharfschützen-Verein
hat das Recht, seine inneren Angelegen
heiten selbst zu ordnen, muss aber die
Verpflichtungen übernehmen, die erforder
lich sind, damit der König, als höchster
Befehlshaber der Kriegsmacht * des Landes,
nicht nur im Frieden, sondern auch bei
ausbrechendem Kriege über die zweckmäs
sige Verwendung der zur Vertheidigung
des Reiches nöthigen Streitkräfte verfügen
kann. Jeder freiwillige Scharfschützen-
Verein muss darum ein gewisses Gebiet,
ohne Ansehung des Gewerbes und Standes
der Mitglieder, umfassen und steht unter
dem Oberbefehlshaber, welchen der König
von drei vorgeschlagenen Personen dazu
ernennt. Sollte zwischen Schweden und
einer fremden Macht Krieg ausbrechen, oder
die Ruhe des Landes von einem äusseren
Feinde so ernstlich bedroht werden, dass
die Armee mobilisirt wird, so ist jeder frei-
*) Wird eingezogen.