GR. XVI. HEERESWESEN.
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kann ausserdem, wenn der Unglücksfall im
Kriege passirt ist. in den Genuss einer
grösseren oder geringeren Erhöhung der
Pension gelangen. Ausserdem empfangen
die Officiere und Unteroffieiere, welche in
das pensionsberechtigte Alter gelangt sind
und sich noch ferner für den Fall eines
Krieges zur Dienstleistung im Lande selbst
zur Disposition stellen, aus der Staatskasse
eine Pensionszulage. Ueberdies giebt es
private Pensionskassen für die Pensionirung
der Officiere und Unterofficiere. Für die
Armee existirt auch eine gemeinschaftliche
Wittwen- und Pupillen-Kasse, die den
Wittweu und unmündigen Kindern derje
nigen Officiere und Unterofficiere, die Ei-
genthümer derselben gewesen, Pensionen
ertheilt 1 ) und ausserdem für die Mann
schaft eine oder mehre Kassen bei fast je
dem Regimente.
Das pensionsberechtige Alter tritt für
die Corporäle unter denselben Bedingungen
ein, welche für die Gemeinen vorgeschrie
ben sind. Diejenigen, welche die letzten
drei Jahre ihrer Dienstzeit als Corporäle
gedient haben, erhalten eine Pension, wel
che einen Grad höher ist als die, zu wel
cher sie als Soldaten berechtigt gewesen
wären. Die Vice-Corporäle geniessen hin
sichtlich der Pension keine Vorrechte vor
den Gemeinen.
Rücksichtlich des Verhältnisses, in wel
chem die Officiere zum bürgerlichen Leben
stehen, sei zum Schlüsse bemerkt, dass jeder
Krieger ausser Dienst denselben Gesetzen
und. Vorschriften unterworfen ist, wie die
übrigen Mitbürger. Der Krieger kann dem
nach, ausser zu Kriegszeiten, zum Reichs
tags-Abgeordneten gewählt werden. Er
gelobt ferner in seinem Huldigungseide, so
wohl das Königthum zu vertheidigen als
sich nach den Grundgesetzen des Reiches
zu richten. Detail-Handel zu treiben und
Handwerker-Werkstätten zu halten ist dem
Militär, Bowie jedem anderen Staatsbeamten
untersagt. (Hinsichtlich des Soldes und
der Pensionen sei auf die beigefügten Ta
bellen, S. 111 ff-, verwiesen).
') Im Zusammenhänge mit dem Berichte über
die Pensionirung der Wittwen sei bemerkt,
dass jeder Officier das Recht hat, ohne Zu
stimmung des Vorgesetzten zu heirathen und
nur verpflichtet ist davon Anzeige zu machen.
Reserve-Befehl.
Ausser ihren Cadres hat die Armee noch
Ressourcen, sich mit einem Reservebefehl zu
versehen, in denjenigen Officieren der Ar
mee, welche keinem Regimente oder Corps
angehören, und in gewissen pensionirten
sog. disponiblen Officieren. Erstere können
sowohl im Kriege als im Frieden zur
Dienstleistung commandirt werden, letztere
sind dagegen nur im Falle eines Krieges
bis zum GOsten oder 65sten Jahre im Lan
de selbst zu dienen verpflichtet. Das Al
ter steht im Verhältnisse zu dem Range,
den jeder innehat. 1 )
Auch die Officiere beim Corps für Weg-
und Wasserbauten, die unter gewöhnlichen
Umständen als Ingenieure bei allgemeinen
Arbeiten zur Verwendung kommen, können
während eines Krieges als Ingenieur-Offi-
ciere zur Dienstleistung in der Armee com
mandirt werden.
Die Anzahl dieser noch zur Armee
gehörenden Officiere belief sich zu Anfang
des Jahres 1872 auf 395, von welchen
69 der disponiblen und 68 dem Corps für
Weg- und Wasserbauten angehörten.
Um im Falle eines Krieges auf eine
hinreichende Anzahl Unterofficiere rechnen
zu können, trifft man ein Uebereinkommen
mit dazu tauglichen Subjecten aus der Be
wehrung. Diese sog. Bewehrungs-Eliten
geniessen dann gewisse Vorrechte für die
grössere Dienstleistung, der sie sich unter
ziehen müssen. Sie können späterhin zu
Corporälen und Unterofficieren avanciren.
Ihre Anzahl ist gering.
Die Regiments-Chefs haben auch das
Recht sog. »Volontäre» anzunehmen. Da
mit meint man junge Leute, die, ohne
Hand- oder Werbegeld zu erhalten und
ohne die Verpflichtung während des Frie
dens eine bestimmte Zeit zu dienen, Kriegs
dienst nehmen, um zu Unterofficieren be
fördert oder in die Kriegsschule aufgenom
men zu werden.
Die Commando-Behörden der Armee.
Der König führt den höchsten Befehl
über die Kriegsmacht des Reiches.
Nächst ihm ist der Kriegsminister Be
fehlshaber der Kriegsmacht zu Lande, in
') Ausserdem giebt es noch sog. "Halbsold-
Befehl”, um die Reservenbatterien der Ar
tillerie mit Officieren und Unterofficieren
versehen zu können.