144
GH. XVIII. BAU- UND CIV1LIN0ENIEÜRWESEN.
Saal in Schweden, besteht in einem einzi
gen kolossalen Raume mit einer Fussboden-
fläche von 40,000 Quadratfuss, in welchem
147 Webestühle Platz haben, und welcher
mit einem gläsernen Dache versehen ist,
das auf 121, hohlen eisernen Säulen ruht,
die zugleich als Abführungsröhren des Re
gen- und Schneewassers dienen. In der
bekannten Zündhölzchenfabrike in Jönköping
enthält das eine der massiven Häuser einen
19,400 Quadratfuss grossen Arbeitssaal.
Die grosse Ausdehnung des Landes
fasst eine allzu kräftige Anmahnung in
sich, vor allen Dingen nach allen Richtun
gen hin Communication&zweige anzulegen
und zu unterhalten, als dass nicht dieses
Bedürfniss so weit wie möglich sollte be
friedigt werden. Die Aufopferungen und
Unterstützungen des Staates in diesen Rich
tungen sind daher auch zahlreich und gross
gewesen. Ohne uns bei den in Verhältniss
zu den damaligen Kräften des Landes
unerhörten Anstrengungen aufzuhalten,
welche gemacht worden sind für die Her
stellung so grossartiger Werke, wie z. B.
des Göta-Kanäls, Trollhätta-Kanals u. a. m.,
möge es gestattet sein anzuführen, dass
.der Staat in den Jahren 1855-—1871 auf
eigene Kosten Eisenbahnen für 106 Mil
lionen R:dr gebaut, in den Jahren 1840—
1872 die Anlage privater Eisenbahnen,
Landstrassen, Kanäle, Häfen, Brücken
u. s. w. theils durch Anschläge und theils
durch Anleihen mit 50 Millionen R:dr un
terstützt, für die Jahre 1872—1876 10
Millionen R:dr als Anleihenunterstützungen
zu der Anlage privater Eisenbahnen ange
wiesen hat u. a. m. Wie gross aber in dieser
Hinsicht die Aufopferungen der Communen
und der Einzelnen gewesen sind, das lässt
sich kaum berechnen.
Da diese Angelegenheit von ganz ausser
ordentlich grosser Wichtigkeit ist, so wollen
wir unsere Aufmerksamkeit etwas specieller
richten auf die
Communications-Anstalten.
Landstrassen. Die Anlage allgemeiner
Landstrassen ist eine Schuldigkeit der Com
munen, welche von dem Staate unterstützt
wird; die Unterhaltung der Landstrassen
aber ist eine Pflicht der Landbesitzer allein.
Die Länge der Landstrassen welche an
Güte fast mit deutschen Kunststrassen zu
vergleichen sind, war i. J. 1870: 56,995
Kilometer (5,332'35 schwed. M.) wovon
19,813 Kil. Häuptlandstrassen (Kungsvä-
gar, d. i. Königswege), nämlich Landstras
sen zwischen Städten oder anderen für den
Verkehr wichtigen Ortschaften. Kleinere
Wege nach Dörfern oder Höfen ist jeder
Landbesitzer über seine Besitzung selbst zu
halten verpflichtet; ihre bedeutende Länge
ist nicht genauer bekannt.
Schon zuvor (S. 6) ist erwähnt, dass
Schweden an vielen Orten von sog. Roll
stein- (oder Sand-) Rücken durchzogen wird.
Diese enthaften in gewissen Lagern so
wohl feinen Sand als auch groben Grus,
und dieser letztere ist ein sehr gesuchtes
und viel benutztes Mittel bei der Anlage
und beim Unterhalte der Landstrassen, so
wie auch beim Terrassiren der Eisenbah
nen. Der sog. Trümmergrus enthält eben
falls Grus, aber von nicht so reiner Be
schaffenheit, wie die Rollstein-Rücken, und
wird daher beinahe nur dort benutzt, wo
der letztere fehlt. Wo die Sandrücken,
wie oft der Fall ist, mit ebenen Rücken
über das offene Land ziehen, dort laufen
auch bisweilen die Landstrassen zu oberst
auf diesem Rücken oder an der einen Seite
desselben hin und liegen daher hoch über
dem umgebenden angebauten Lande.
In der neuesten Zeit ist das Macada-
misiren der Landstrassen viel angewendet
worden, besonders in Skane.
In den sämmtlichen Städten und übri
gens an allen grossen Landstrassen in der
Entfe’rnung von 10—20 Kilometer giebt
es Skjutsstationen (Gästgifvaregärdar, i. J.
1870: 1,524), wo der Reisende Zimmer,
Speise und Pferde nebst Fuhrwerk erhalten
kann. Die Bezahlung für jedes Pferd und
für jede schwedische Meile ist nach ver
schiedenen Umständen in Städten 1, D20
oder D50 R:dr und auf dem Lande 0'80,
1 oder 1'20 R:dr, wozu noch 6 Öre Wagen-
miethe kommt. Ueber die Anzahl der zum
’Skjuts” — d. i. zum Fortschaffen der Reisen
den — gelieferten Pferde sind die Angaben
nicht exact, doch lässt sich annehmen, dass sie
1856—1860 fast 5 Millionen, 1861—1865
etwas über 3 Millionen und 1866 — 1870
2 Mill. betragen hat. Die Abnahme hat
ihren Grund in den vermehrten Eisenbalm-