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GR. XIX. DAS BÜRGERLICHE WOHNHAUS.
Gruppe XIX.
Das bürgerliche Wohnhaus.
Von der einfachsten Hütte auf dem
Lande bis zu den prachtvollen Häusern in
Städten oder Herrensitzen auf dem Lande
giebt es eine so grosse Menge von Ueber-
gangsformen, dass sich keine Grenze ziehen
lässt. Das bessere Bauernhaus ist oft eben
so gut, ja besser, als das einfachere bür
gerliche Haus, und dieses letztere in seiner
Vollendung steht über den Gebäuden, welche
man Palläste nennt. Ein besonderer Stil
lässt sich also für das bürgerliche Wohn
haus nicht angeben. Die Anforderungen,
welche der Bauende im besten Falle au
sein Haus macht, sind Solidität, Bequem
lichkeit und Zierlichkeit im Äussern.
Was die Lage des Gebäudes betrifft,
so hat man in den Städten nicht viel zu
wählen: man muss seinen Hausplatz be
bauen und zwar nach der besonderen Bau
ordnung der Stadt. Auf dem Lande herrscht
hierin grössere Freiheit: hier darf man im
Allgemeinen nach Belieben sein privates
Haus bauen. Wählt der Besitzer für sein
Gebäude selbst den Platz, so sucht er we
der die grösste Höhe noch das versteckte
Thal, sondern am liebsten eine kleine An
höhe, die wo möglich mit Laubhölzern be
kleidet ist und sich nach einem Landsee
oder ein anderes Gewässer senkt.
Die Materialien sind entweder Holz oder
Ziegel. Hölzerne Häuser kommen beson
ders im nördlichen Schweden sowohl auf
dem Lande als auch in den Städten vor,
massive Häuser von Ziegeln in dem süd
lichen Schweden und in den nördlichen
Städten, doch sparsam in den nördlicheren.
Ein solides hölzernes Haus wird auf
einem Fundamente von Granit und am lieb
sten von vierkantig behauenen, sorgfältig
zusammengefügten Balken aufgeführt. Die
Fugen zwischen diesen Balken werden mit
eisernen Keilen aufgetrieben und darauf
mit Werg kalfatert, sodass die Wände dicht
sind wie die Seiten eines Schiffes. Doch
baut man auch Häuser von Balken, an de
nen nur zwei Seiten, die äussere und die
innere glatt behauen, die obere und un
tere dagegen rund sind und beim Bauen
an einander gepasst werden, oder die
obere und untere Seite nicht vollends glatt
behauen, die äussere und die innere rund,
und erst nach der Vollendung des Hauses
werden die Wände glatt gemacht. Die hier
durch entstehenden Fugen sind grösser als
an den ersteren und werden ausgefüllt
mit Moos, Werg und Kalkanwurf. Nach
dem ein hölzernes Haus auf geführt ist, wird
die äussere Wand auswendig mit rother
Farbe oder einer Vitriollösung angestrichen,
und nachdem das Haus einige Jahre aus
getrocknet ist, auswendig mit gehobelten
Brettern bekleidet, und dabei werden auch
Leistenwerke, Pilaster und andere Zierrathen
angebracht. Darauf wird das Haus aus
wendig mit Ölfarbe angestrichen, auf dem
Lande am liebsten weiss, aber auch gelb,
in der Stadt weiss, aber etwas übergehend
in grau, grün oder roth, um die Licht
brechung an dem Hause für das Auge
milder zu machen. In den Städten werden
auch die hölzernen Häuser, besonders die
älteren, nicht selten revetirt, entweder bloss
mit Kalkanwurf, der durch in die Wand
eingeschlagene hölzerne Pflöcke befestigt
wird, oder mit Kalkmörtel auf Ziegelstein
platten, womit die Aussenwände bekleidet
werden.
Die massiven Häuser werden auf einem
Fundamente von Granit oder Sandstein von
Ziegelsteinen und Kalkmörtel aufgeführt.
Nachdem das Haus Zeit gehabt hat, ein
Jahr oder länger auszutrocknen, wird es
auswendig mit Kalkmörtel beworfen und
abgeputzt, dabei auch oft mit heller Öl
farbe angestrichen. Diese Gebäude sind im
Allgemeinen durch das leichte Hantieren
der Ziegel und des Mörtels an Ornamenten
reicher als die hölzernen. Das Dach wird
gedeckt mit Spänen — meistens auf dem
Lande —, Ziegelsteinen, Schiefer oder Plat
ten. Die Fussböden im Hause sind dop
pelt; der Zwischenraum wird mit Sägespä
nen oder in Ermangelung solcher mit tro
ckener Erde gefüllt. Die Wände werden
gerne mit Pappe bekleidet. Die Fenster
öffnungen, 20 bis 30 Quadratfuss, werden
am gewöhnlichsten mit 6 gläsernen Schei
ben in hölzernen Rahmen ausgefüllt. Die
Höhe der Häuser ist gewöhnlich für die
hölzernen 2, für die massiven 3 und für