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Volltext: Schweden : Weltausstellung 1873 in Wien

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GR. XIX. DAS BÜRGERLICHE WOHNHAUS. 
Gruppe XIX. 
Das bürgerliche Wohnhaus. 
Von der einfachsten Hütte auf dem 
Lande bis zu den prachtvollen Häusern in 
Städten oder Herrensitzen auf dem Lande 
giebt es eine so grosse Menge von Ueber- 
gangsformen, dass sich keine Grenze ziehen 
lässt. Das bessere Bauernhaus ist oft eben 
so gut, ja besser, als das einfachere bür 
gerliche Haus, und dieses letztere in seiner 
Vollendung steht über den Gebäuden, welche 
man Palläste nennt. Ein besonderer Stil 
lässt sich also für das bürgerliche Wohn 
haus nicht angeben. Die Anforderungen, 
welche der Bauende im besten Falle au 
sein Haus macht, sind Solidität, Bequem 
lichkeit und Zierlichkeit im Äussern. 
Was die Lage des Gebäudes betrifft, 
so hat man in den Städten nicht viel zu 
wählen: man muss seinen Hausplatz be 
bauen und zwar nach der besonderen Bau 
ordnung der Stadt. Auf dem Lande herrscht 
hierin grössere Freiheit: hier darf man im 
Allgemeinen nach Belieben sein privates 
Haus bauen. Wählt der Besitzer für sein 
Gebäude selbst den Platz, so sucht er we 
der die grösste Höhe noch das versteckte 
Thal, sondern am liebsten eine kleine An 
höhe, die wo möglich mit Laubhölzern be 
kleidet ist und sich nach einem Landsee 
oder ein anderes Gewässer senkt. 
Die Materialien sind entweder Holz oder 
Ziegel. Hölzerne Häuser kommen beson 
ders im nördlichen Schweden sowohl auf 
dem Lande als auch in den Städten vor, 
massive Häuser von Ziegeln in dem süd 
lichen Schweden und in den nördlichen 
Städten, doch sparsam in den nördlicheren. 
Ein solides hölzernes Haus wird auf 
einem Fundamente von Granit und am lieb 
sten von vierkantig behauenen, sorgfältig 
zusammengefügten Balken aufgeführt. Die 
Fugen zwischen diesen Balken werden mit 
eisernen Keilen aufgetrieben und darauf 
mit Werg kalfatert, sodass die Wände dicht 
sind wie die Seiten eines Schiffes. Doch 
baut man auch Häuser von Balken, an de 
nen nur zwei Seiten, die äussere und die 
innere glatt behauen, die obere und un 
tere dagegen rund sind und beim Bauen 
an einander gepasst werden, oder die 
obere und untere Seite nicht vollends glatt 
behauen, die äussere und die innere rund, 
und erst nach der Vollendung des Hauses 
werden die Wände glatt gemacht. Die hier 
durch entstehenden Fugen sind grösser als 
an den ersteren und werden ausgefüllt 
mit Moos, Werg und Kalkanwurf. Nach 
dem ein hölzernes Haus auf geführt ist, wird 
die äussere Wand auswendig mit rother 
Farbe oder einer Vitriollösung angestrichen, 
und nachdem das Haus einige Jahre aus 
getrocknet ist, auswendig mit gehobelten 
Brettern bekleidet, und dabei werden auch 
Leistenwerke, Pilaster und andere Zierrathen 
angebracht. Darauf wird das Haus aus 
wendig mit Ölfarbe angestrichen, auf dem 
Lande am liebsten weiss, aber auch gelb, 
in der Stadt weiss, aber etwas übergehend 
in grau, grün oder roth, um die Licht 
brechung an dem Hause für das Auge 
milder zu machen. In den Städten werden 
auch die hölzernen Häuser, besonders die 
älteren, nicht selten revetirt, entweder bloss 
mit Kalkanwurf, der durch in die Wand 
eingeschlagene hölzerne Pflöcke befestigt 
wird, oder mit Kalkmörtel auf Ziegelstein 
platten, womit die Aussenwände bekleidet 
werden. 
Die massiven Häuser werden auf einem 
Fundamente von Granit oder Sandstein von 
Ziegelsteinen und Kalkmörtel aufgeführt. 
Nachdem das Haus Zeit gehabt hat, ein 
Jahr oder länger auszutrocknen, wird es 
auswendig mit Kalkmörtel beworfen und 
abgeputzt, dabei auch oft mit heller Öl 
farbe angestrichen. Diese Gebäude sind im 
Allgemeinen durch das leichte Hantieren 
der Ziegel und des Mörtels an Ornamenten 
reicher als die hölzernen. Das Dach wird 
gedeckt mit Spänen — meistens auf dem 
Lande —, Ziegelsteinen, Schiefer oder Plat 
ten. Die Fussböden im Hause sind dop 
pelt; der Zwischenraum wird mit Sägespä 
nen oder in Ermangelung solcher mit tro 
ckener Erde gefüllt. Die Wände werden 
gerne mit Pappe bekleidet. Die Fenster 
öffnungen, 20 bis 30 Quadratfuss, werden 
am gewöhnlichsten mit 6 gläsernen Schei 
ben in hölzernen Rahmen ausgefüllt. Die 
Höhe der Häuser ist gewöhnlich für die 
hölzernen 2, für die massiven 3 und für
	        
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