GE. XIX. DAS BÜRGERLICHE WOHNHAUS.
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die grösseren derselben 4 Stockwerke, das
Erdgeschoss oder Halbgeschoss mitgerech
net. In den Städten, wo die Plätze theuer,
der Baum beengt und der Bedarf der Wirth-
schaftsgebäude nicht besonders gross ist, sind
unter den Häusern gewöhnlich gemauerte
und gewölbte Keller zu gewissen Esswaa-
ren und zu Holz; auf dem Lande hat man
besondere gemauerte Keller unter (Eiskeller
über) der Erde. Die übrigen Nebengebäude
sind gewöhnlich als freistehende Flügel des
Hauptgebäudes angeordnet. Diese Flügel
enthalten ebenfalls Wohnzimmer für die
Bedienung. Ein mit Sorgfalt aufgeführtes
schwedisches massives oder hölzernes Haus
gewährt selbst in dem kältesten und stür
mischsten Winter ein ausgezeichnet warmes
und gesundes Obdach: ein kalter Winter
tag in Norrland , kann eine Temperatur von
— 40° Celsius darbieten; in dem hölzernen
Hause aber herrscht eine gesunde Luft von
+ 18° ä 20° C.
Ueber die innere Anordnung ist anzu
merken: die Fussböden sind ausschliesslich
von Holz, ausser in massiven Häusern, in
denen der Hausflur und die Treppe mit be
hauenen Fliesen belegt sind. Die Fussbö
den der Wohnzimmer sind theils gelegt von
gehobelten, meistens unangestrichenen tan-
nenen oder föhrenen Planken oder in Rau
ten oder gleichartigen Formen mit Ölfarbe
gemalt, theils Parketfussböden mit an Farbe
abweichendem Holz oder ohne solches. Die
Decke ist entweder gegipst und weiss mit
einigen in dem Gips oder mit dem Pinsel
angebrachten Ornamenten, oder von Holz,
weiss angestrichen oder mjt weiss ange
strichenem Gewebe oder Pappe bedeckt.
Bunte oder tapezierte Decken sind eben
nicht gebräuchlich. Die Wände sind mit
papierenen Tapeten bedeckt oder auch bis
weilen, besonders in Sälen, mit Öl gemalt,
entweder auf der steinernen Wand selbst
oder auf Getäfel oder auf Gewebe. Beinahe
nur in den älteren, prachtvollsten Häusern
trifft man jetzt noch Tapeten von Gobelin
und Goldleder, sowie Decken mit reichen
Ornamenten von gehauenem Sandstein. Die
Zimmer werden erwärmt von den ausge
zeichneten schwedischen Kachelöfen (S. 87),
welche mit Holz geheizt werden; zu der
Küche gehören eiserne Herde. Der Kachel
ofen in dem Salon wird gerne geziert mit
einem eingefassten Spiegel oder mit meh
ren solchen, welche auch zu der wandfesteu
Einrichtung zu gehören pflegen. Vor dem
Eintritt des Winters werden Doppelfenster
eingesetzt, welche zu der Wärme des Zim
mers mächtig beitragen, den Zug abhalten
und das Ueberziehen der äussern Fenster
mit Eis hindern. Ein Fenster in jedem
Zimmer hat eine sog. Zugscheibe, welche,
während übrigens die Fugen der inneru
Fenster mit papierenen Streifen verkleistert
sind, geöffnet werden kann um der Ven
tilation willen, die auch durch ein Ventil
in dem Kachelofen bewirkt wird. In der
Mehrzahl der Kachelöfen in den Speisesälen
befindet sieh eine mit messingenen Thüren
verschlossene Nische oder ein Schrank, worin
während der Jahreszeit, da geheizt wird,
Teller bequem eingesetzt und für die Mahl
zeit warm gehalten werden können. Ein
gewöhnliches alltägliches Zimmer hat eine
Fussbodenfläche von etwa 200 Quadratfuss
und eine Höhe von 10—12 Fuss.
Auf dem Lande bewohnt der Besitzer
selbst sein Haus ohne Miethsgäste, und so
auch gewöhnlich in den kleineren Städten;
in den grösseren dagegen ist es gewöhn
lich, dass in einem Hause mehre Familien
wohnen, jede in ihrer von den übrigen
abgesonderten Wohnung. Das Bedürfniss
mehrer Zimmer ist in Schweden sehr gross,
und auf dem Lande lässt sich ( dieser Luxus
natürlich leichter befriedigen als in den
Städten. Ausser denjenigen Zimmern, die
von der Familie wirklich oder zum Theil
wenig benutzt werden, giebt es noch sog.
Gastzimmer, eines oder mehre, die das ganze
Jahr zur Beherbergung ankommender mehr
oder weniger bekannter Personen während
der Nächte in Ordnung gehalten werden;
denn Gastfreundschaft ist allgemein in Schwe
den. In den Städten dagegen hat man
keine besonderen Gastzimmer.
Das Verhältniss zwischen den Einkünf
ten einer Person und dem Bedürfniss der
Wohnzimmer ist zum Theil angegeben in
dem jetzt geltenden Bewilligungsgesetze,
welches bestimmt, dass einer Miethe von
300—500 R:dr ein wenigstens 3 mal, von
500—1,000 R:dr ein 4 mal, von 1,000
—1,500 R:dr ein 5 mal und über 1,500
R:dr ein wenigstens 6 mal so grosses jähr
liches Einkommen als entsprechend zu er
achten ist.
Man hält dafür, dass eine nicht grosse
Familie mit einer ziemlich guten Stellung
gewöhnlich gebraucht: ein Vorzimmer, ein