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Volltext: Schweden : Weltausstellung 1873 in Wien

GK. XX. DAS BAUERNHAUS. 
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Gesangbuch, vielleicht auch das eine und 
das andere Andachtsbuch und Lieder und 
Sagen, "gedruckt in diesem Jahr”, ausser 
dem unentbehrlichen Kalender, welcher über 
dem Platze des Hausherrn an dem oberen 
Ende des grossen Tisches zwischen einem 
Balken an der Decke seinen Platz zu ha 
ben pflegte. 
Wie ganz anders als dieses Skäne’sche 
Heim ist nicht die Wohnung des schwe 
dischen Bauers.im Norden der Dal-Elf! Wir 
versetzen uns nach Angermanland, der an 
schönen Naturscenerien reichsten Provinz 
des Landes, und nähern uns einem, wie es 
uns scheint, ansehnlichen Dorfe. Fragen 
wir unsern ”Skjuts”-Bauer oder Wegweiser 
über die Menge der Bauern oder Köthner, 
die hier wohnen, so erstaunen wir über die 
geringe Anzahl, welche die Antwort an- 
giebt, wenn wir diese mit dem Chaos von 
Gebäuden vergleichen, das wir hier vor uns 
haben. Kommt man etwas näher, so sieht 
man eine kaum übersehbare Menge von 
kleineren und grösseren ohne eine eigent 
liche Ordnung oder Symmetrie durch ein 
ander geworfenen Gebäuden, die übrigens 
von Zäunen umschlossen sind, welche ziem 
lich geradlinige Figuren bilden. Die sämmt- 
lichen Häuser sind gebaut von auf einan 
der gelegten Bäumen, welche zwar an den 
Seiten behauen sind, die nach Aussen und 
Innen liegen, aber nicht an denen nach 
Oben und Unten, daher die Fugen mit 
Moos verstopft sind. Hat der Besitzer sich 
etwas mehr an Behaglichkeit gewöhnt, oder 
ist der dem Dorfe zunächst befindliche 
"trockene Wald” schon niedergehauen,. so- 
dass das Brennholz etwas weiter hergeholt 
werden muss, so sind die Wohnhäuser bis 
weilen inwendig mit Werg anstatt mit 
Moos ausgestopft, woraus folgt; dass die 
Wärme etwas länger in den vier Wänden 
zurückgehalten wird. Hat der Besitzer Sinn 
für Zierlichkeit, und hat er das Ausfuhren, 
so 1 sind ausserdem die Wohnhäuser mit 
Brettern bekleidet und mit rother Farbe 
angestrichen, welche sich gegen die weissen 
Fensterbekleidungen sehr gut ausnimmt. 
Der eine und der andere Grossbauer malt 
das ganze Hauptgebäude weiss. 
Das Dach ist von Birkenrinde, Brettern 
oder Spänen. 
Das Hauptgebäude ist gewöhnlich zwei 
stöckig; das obere Stockwerk aber ist und 
verbleibt oft uneingerichtet, sodass sogar 
ein ordentlicher Fussboden darin fehlt. Vor 
dem Eingänge, welcher sich in der Mitte 
des Gebäudes und nach der Hofseite befin 
det, ist immer eine Hausflurbrücke, welche 
oft ziemlich hoch von der Erde liegt, so 
dass einige hinauf führende Stufen noth- 
wendig sind. Die Brücke ist oft überbaut 
mit einem Dache, das mit ausgeschnitzelten 
Leisten versehen ist und von Stützen oder 
durchbrochenen Seitenwänden getragen wird. 
In dem Hausflur sind zwei Thüren. Durch 
die eine tritt man in einen grösseren Saal, 
innerhalb welches ein oder mehre kleinere 
Zimmer — Kammern — liegen, welche 
oft auf Stadtmanier möblirt sind mit Sofas, 
Betten, in denen unter ausgestickten Decken 
und feinen Laken prächtige Dunenbetten 
schwellen, Rohrstühlen, Commoden, Wand 
spiegeln, Gardinen u. s. w. Die Zimmer 
werden von Kaminen- oder Kachelöfen er 
wärmt, und die Wände sind bedeckt mit 
Glanztapeten oder auch mit aufgekleister 
ten Zeitungen, welche mit Leimfarbe über 
strichen werden, wenn man Zeit dazu be 
kommt. Inzwischen hält sich die Fa 
milie nie in diesen Zimmern auf, ausser 
wenn Fremde zum Besuche kommen; der 
gewöhnliche gemeinschaftliche Aufenthalts 
ort ist die geräumige Küche, in welche von 
dem Hausflur die zweite Thür führt. Hier ist 
der gewaltige Herd mit der steinernen oder 
eisernen Platte, auf welchem der unent 
behrliche Kaffeekessel immer bereit steht 
und von Morgen bis Abend das Feuer 
flammt. Parallel mit der Decke, und dem 
Herde zunächst, hangen hölzerne Latten, 
auf welche Nutzholz und dergleichen zum 
Trocknen gelegt ist, und wo auch die nie 
mals fehlende Lothbüchse nebst dem Pulver- 
horne von Kuhhorn und der lederne Ku 
gelbeutel ihren Platz haben. Längs der 
Wände stehen grosse plumpe Tische, oft 
mit Klappen versehen, ferner eine gewal 
tige Schenke, bestehend aus einem Schran 
ke und darauf gesetzt ein Gestell, das bis 
an die Decke reicht und überfüllt ist mit 
blanken Kochgeschirren, zinnernen Schüsseln 
und Porzellan; ferner ein Koffer, bäuerlich 
zierlich angestrichen und versehen mit den 
Initialen des Hausvaters, von denen der 
letzte Buchstabe immer ein S (d. i. son, 
deutsch Sohn) ist. 1 ) 
') In Schweden haben c)ie Landleute gewöhn 
lich keine Familiennamen, sondern erhal-
	        
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