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Volltext: Schweden : Weltausstellung 1873 in Wien

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GK. XX. DAS BAUERNHAUS. 
Das Porzellan verdrängt immer mehr 
die älteren hölzernen Gefässe. Gleichwohl 
sind die ”Trä-koxar” immer noch allgemein. 
Dies sind eirkelrunde,- ovale oder unregel 
mässige Geschirre von verschiedenen Grös 
sen aus Maserföhre, oft. gefirnisst und mit 
grellen Phantasieblumen bemalt. Eben so 
ausstaffirt sind die birkenen Löffel und 
Kellen; das Silber wird nur hervorgesucht, 
wenn Fremde traktirt werden. Die Koch 
geschirre von verzinntem Kupfer und von 
Eisen werden immer spiegelblank gehalten. 
In Betreff des Silbers können wir anfüh 
ren : es ist mehr denn wahrscheinlich, dass 
die Bauern in keinem anderen Lande so 
viel Silber (Löffel, Becher, Kannen u. a.) 
besitzen, als die schwedischen. 
Endlich findet man dort die eigenthüm- 
lichen soliden Bettstellen, welche bis an die 
Decke hinaufreichen, aus zwei oder drei 
Stockwerken mit Platz für zwei Personen 
in jedem bestehen und oft an der Vorder 
seite mit Thüren versehen sind, sodass das 
Ganze von Aussen aussieht wie ein Schrank. 
Die eine Querseite ist auch ein wirklicher 
Schrank, gewöhnlich folgender Massen ein 
gerichtet: zu unterst ist ein langes Fach, 
das den Kindern als Bettstelle dient; dar 
über sind Thüren zu einem Schranke mit 
einigen Fächern über einander; ganz zu 
oberst über einem offenen Baume in ge 
wöhnlicher Brusthöhe sind wiederum Thü 
ren vor Fächern und Schiebladen. Hier 
in dem eigentlichen Bettschranke verwahrt 
der Bauer seine Kostbarkeiten, sein Geld 
und die seine Hufe betreffenden Urkunden. 
Bisweilen ist dieser Schrank auch geziert 
mit Bonbongemälden — Andenken von dem 
Jahrmärkte — sowie auch wohl mit der 
einen oder anderen silbernen Uhr. Zu un 
terst in dem Bette ist Stroh; bisweilen, 
wenn es richtig vornehm sein soll, Stroh 
und Federbetten; darüber oft genug Ren- 
thierhäute; ferner, doch nicht immer, ein 
grobes Laken, und zu oberst als Decke das 
für das Klima vortrefflich passende Schaf 
fell, in dessen Langhaarigkeit und Sauber 
keit der Bewohner von Norrland eine ge- 
ten nur einen Taufnamen und legen diesem 
den Namen des Vaters im Genitiv nebst 
”son” oder ”dotter” ("Sohn” oder "Tochter”) 
hinzu, z. B. Karl Johansson ist "Karl, der 
Sohn des Johan"; sein Sohn würde Karlsson 
heissen; Karin (Catharina) Johansdotter ist 
"Karin, Tochter des Johan” u. s. w. 
wisse Ehre setzt. Die Wände sind oft mit 
einfachen Tapeten bekleidet, bisweilen aber 
auch nackt. Das obere Stockwerk, falls es 
eingerichtet ist, enthält Gastzimmer, über 
einstimmend mit dem Saale und den Kam 
mern in dem unteren. 
Gewöhnlich bewohnt indessen die Fa 
milie dieses Gebäude nur im Winter. Zum 
Sommer bezieht sie das kleinere Haus, das 
Brauhaus, in welchem sich eine auf gleiche 
Weise mit der im Hauptgebäude eingerich 
tete, aber etwas kleinere Küche befindet 
sowie eine Kammer mit einem Kamine und 
bald mit eigenem Eingänge, bald ohne einen 
solchen; diese Kammer wird sonst gewöhn 
lich von einer Person bewohnt, die ein Aus 
gedinge hat, sofern nicht ein anderes Ge 
bäude zu deren Verfügung steht. 
Zum Stall, zu Viehhaus, Speicher, Milch 
kammer, Scheunen, Schmiede und anderem, 
was zu einem wohlbestellten Bauerhof ge 
hört, sind gewöhnlich besondere Gebäude 
aufgeführt, bisweilen wohl in doppelten 
Exemplaren. Hieraus entsteht der Wirr 
warr von Gebäuden, der jeden Reisenden 
Wunder nehmen muss. Man zählt oft bis 
20 Gebäude auf einem einzigen Bauerhofe. 
Diese zur Gewohnheit gewordene Verschwen 
dung lässt sich nur aus dem grossen Wäld- 
reichthum erklären, der den Bauer veran 
lasst, bei einem entstehenden Erweiterungs- 
bedürfniss lieber noch einen Stall oder eine 
Scheune aufzuführen, als die alte zu er 
weitern. (Der Sprachgebrauch, den das 
Wort "Haus” noch hat, z. B. Geräthhaus, 
Schweinhaus u. a., wo zu verschiedenen 
Zwecken keine besonderen Häuser mehr 
vorhanden sind, sondern nur verschiedene 
Abtheilungen in einem und demselben Ge 
bäude, deutet darauf hin, dass diese Viel 
bauerei im ganzen Lande allgemein gewe 
sen ist.) Zuletzt musste aber durch eine 
solche Verschwendung der Wald leiden, und 
von dem vielen Bauen muss das Factum 
hergeleitet werden, "dass von den grösse 
ren Dörfern der Weg immer länger nach 
dem Walde wird”. Bei einem grösseren 
Bauerhofe hat während des langen Winters 
ein Knecht immer genug zu thun, wenn er 
Brennholz holt und spaltet. 
Die weniger wohlhabenden Bauern und 
die Ansiedler und Köthner haben ihr ein 
ziges Wohnhaus gewöhnlich eben so ein 
gerichtet, wie das Brauhaus des Wohlha 
benden ; doch sind die Wände gewöhnlich
	        
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