GR. 3Qt. DAS BAUERNHAUS.
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nicht mit Brettern bekleidet, auch sind sie
nicht angestrichen und inwendig ohne Ta
peten. Unangenehm ist oft der Kehricht
haufen, welcher — um der Bequemlichkeit
willen — seinen Platz unmittelbar an der
Hausflurbrücke hat. Der kalte Nord West
wind pfeift oft mitten durch das Gebäude,
und bisweilen fehlt sogar das Häuschen.
In den Gegenden, wo zu den Hufen
grosse Waldweiden in grösserer Entfernung
von den Höfen gehören, giebt es Yiehbuden
("Sätei-”), bestehend in wenigeren oder mehren
einfachen Hütten, gewöhnlich eingerichtet
zur Küche nebst Milchkammer und Viehhaus.
Weitläufige Bauerwohnungen giebt es
inzwischen keinesweges ausschliesslich in
dem modernen Skäne und in ganz Norrland,
wo sie vorzugsweise in den Landschaften
Ängermanland, Medelpad und Helsingland
Vorkommen, und wo ausser der eigentlichen
Wohnung jeder etwas Wohlhabendere bei
der Kirche (in der Kirchstadt) sein Häus
chen hat, in welchem er am Sonntage
mit seiner Familie und seinen Pferden Ob
dach finden kann; denn der Kirchweg ist oft
sehr weit; ja in Lappland giebt es ein Kirch
spiel, Gellivare, das eben so gross ist wie
das Königreich Württemberg. Schon i. J.
1817 sagt ein Beschreiber von Östergötland,
dass man auf dem Lande im Allgemeipen
"hellere und bequemere Wohnungen findet
als in vielen anderen Landschaften des
Reiches. Zweistöckige Häuser von fich-
tenen oder tannenen Balken sind selbst in
waldlosen Gegenden nicht mehr selten.”
Ferner sagt derselbe Verfasser: "Die Dach
bedeckung geschieht auf dem Wohnhause
/ fast ausschliesslich mit Brettern, und dar
auf gelegtem Stroh oder Birkenrinde und
Rasen und auf den Wirthschaftsgebäuden
mit Stroh. Doch sind unter den wohlha
benderen Landleuten schon Ziegeldächer
auf Häusern und Ställen in Gebrauch ge
kommen. Das Bestreichen der Gebäude mit
rother Farbe, welches an vielen Orten ge
bräuchlich ist, verleiht den Dörfern ein
angenehmes Aussehen.”
Dieses Citat hat uns in das centrale
Schweden geführt; wir wollen daher einige
Bilder von dort nehmen. Diese werden
mehr oder weniger repräsentativ für die
jetzige Bauart des Bauern in dem ganzen
Lande.
Die Bauart wird — um einen ziemlich
banalen Satz auszusprechen — in der
Hauptsache von dem Klima bestimmt, hängt
aber auch von dem Baumaterial ab, wel
ches am leichtesten zugänglich ist. Wo
das Material mit so grosser Leichtigkeit zu
haben ist, wie das Holz in einem wald
reichen Lande, macht sich leicht eine ge
wisse Vermessenheit geltend: das Holz,
leichter zu bearbeiten, als der Stein, erlaubt
es auch dem Ärmeren, einige Aufopferun
gen für das Aussehen zu machen, wenn es
auch den Anschein bekommt als müsste
das Holz einen gewissen Grad von Werth
erhalten haben, ehe es huf solche Weise
bearbeitet wird; der handfertige bäurische
Baumeister bringt also mit einer oft von
den Vorfahren ererbten Geschicklichkeit an
seiner Arbeit einige Verzierungen an. Der
Charakter der Landschaft äussert ebenfalls
seinen Einfluss: ein coupirtes und wald
reiches Land ist reicher an Formen als die
Ebene, es theilt seinen Bewohnern allmäh
lich, und ohne dass sie selbst es merken,
Muster mit, und es ist kein Zufall, sondern
eine durch gleichartige Ursachen hervorge
rufene gleichartige Wirkung, dass sowohl der
schweizerische als auch der norwegische
Bergbewohner ein geschickter Holzschneider
ist. Das Bauernhaus im Gebirge und das
Bauernhaus auf der Ebene haben daher mehr
oder weniger abweichende Physiognomien,
die sich einander wenig nähern,'wenn auch
die beiden Häuser einer und derselben Land
schaft, einem und demselben Härad, ja
sogar einem und demselben Kirchspiele an
gehören.
Doch überall sind die Spuren der Aus
gleichung bemerkbar, von welcher man
sagt, dass sie unserer Zeit angehört, und
hier scheint die "Nivellirung” zu dem Bes
sern zu führen. Ein aufdämmernder An
fang, von Geschmack, der von den ersten
Vorbildern des Bauern, den Herrensitzen,
geweckt wurde, war zu allem Glücke schon
vorhanden an dem Zeitpunkte, da der
grösste Theil unserer Bauernhöfe umgebaut
zu werden begann. Der übrigens ganz
kurze Zeitraum, der hier gemeint ist, war
der, da die überwiegende Anzahl der Dör
fer des Landes infolge eines für die Landes
kultur glücklichsten Griffes der Gesetz
gebung, der nur beinahe ein halbes Jahr
hundert gewirkt hat, gesetzlich separirt
wurde und darauf eine allgemeine Aus
wanderung aus den engen Dörfern geschah.
Mehr als alles andere scheinen gleichwohl