MAK

Volltext: Schweden : Weltausstellung 1873 in Wien

GR. XX. DAS BAUERNHAUS. 
15V 
Hauses befindet. Die Wände sind mit Kalk 
beworfen und geweisst. Die unangestriche- 
ne Decke von gehobelten Brettern ruht auf 
einer starken Balkenlage; sowohl die Bal 
ken als auch die Decke sind von der Zeit 
und von dem Rauche gebräunt. Der Fuss- 
boden ist von gehobelten, breiten Planken. 
In der Küche, welche ausser den schon 
erwähnten von dem Hausflur und der Stu 
be noch einen Eingang von der Hinterseite, 
seltener von dem Giebel hat, giebt es nur 
ausnahmsweise mehr als ein Fenster. Der 
Küchenherd ist an zwei Seiten offen; an der 
einen von den beiden Seiten, die (von der 
Mauer) gedeckt sind, mündet ein gewalti 
ger Backofen auf die Herdplatte, in deren 
innerer Ecke jdie eigentliche Feüerstätte sich 
befindet. Der Ranchfang, gerade über der 
Feuerstätte, kann durch einen Schieber ge 
schlossen werden; über diesem beginnt der 
Schornstein, welcher für alle Feuerstätten 
des Hauses gemeinschaftlich ist. 
Die über der Stube belegene Nachtstu 
be, welche in der Regel uneingerichtet und 
ohne Feuerstätte ist, wird als Kleiderkam 
mer, oft auch als Verwahrungsraum für ge 
wisse Esswaaren, z. B. Eier, Käse, getrock 
netes Fleisch u. dgl., und im Sommer als 
Milchkammer verwendet; auch gebraucht 
man, sie, um Sachen von der Hand zu setzen, 
daher die Spinnräder, der Webestuhl u. dgl. 
dorthin verpasst werden, wenn man sie eben 
nicht braucht. 
Dagegen ist die Kammer, das Gast 
zimmer des Hauses -— nämlich für geehr 
tem Gäste, während andere sich mit der 
Stube begnügen müssen — gewöhnlich ein 
gerichtet, und zwar zierlicher als die Stube. 
— Das äussere Dach von dünnen runden 
Hölzern hat eine doppelte Bedeckung, zuerst 
von Birkenrinde und darauf eine Schicht 
von Rasen: ein sowohl schützendes als auch 
dauerhaftes Material. — Das Gebäude ist 
nicht selten mit Brettern bekleidet und 
roth angestrichen. 
Tritt man an einem sonnigen Sommer 
tage von dieser Art, welche alle dafür emp 
fängliche Gegenstände verschönert, in ein 
solches Haus, dessen von der Zeit ergrautes 
Äusseres mit seinem kaum 3 / 4 Fuss vorsprin 
genden Dache keine sehr harmonischen Pro 
portionen darbietet, so vermag weder die 
darin herrschende Reinlichkeit noch der 
Anstrich von Wohlhabenheit und Solidität, 
der dem Fremdlinge begegnet, diese Woh 
nung einladend zu machen. Einen ganz 
andern Charakter aber erhält sie an einem 
Winterabende, wenn alle vor dem Kamine 
des Hauses versammelt sind. Nun gemessen 
die Männer die Ruhe, welche die anhaltende 
Arbeit in den andern Jahreszeiten ihnen nur 
so spärlich gestattet; das weibliche Personal, 
welches seine Geschäfte im Viehhause been 
digt und draussen nichts mehr zu thun hat, 
ist jetzt im Hause, und die Spinnräder schnur 
ren munter. Der Reisende, welcher, von dem 
Nordwinde durcheist, und ermüdet von der 
Länge des Weges, in der Dunkelheit vor 
bei fährt, wirft sehnsuchtsvolle Blicke auf 
das Kaminfeuer, welches durch das von 
keiner neidischen Gardine bedeckte Fen 
ster herausströmt, und fühlt, dass das Wort 
Heim für den Schweden der Inbegriff von 
so vielem Theurern und Werth vollem ist. 
Die erwähnte Einrichtung der Wohn 
häuser, welche eben jetzt den- moderne 
ren weichen müssen, ist die vorherrschen 
de. Auch kommen, besonders auf den klei 
neren Bauerhöfen, einstöckige Häuser vor; 
aber dann ist doch die Anordnung der Räume 
mit der in dem unteren Theile der zwei 
stöckigen Gebäude übereinstimmend, bis 
weilen gleichwmhl mit dem Unterschiede, 
dass es hier zwei gleich grosse Stuben, eine 
an jeder Seite der in der Mitte des Hauses 
belegenen Küche giebt. Sonst kann man 
sagen, dass die Anzahl der Zimmer das 
Einzige ist, in welchem die ganze Gruppe 
der Wohnhäuser — grosse, mittelmässige 
und kleine —, von denen wir jetzt reden, 
sich von einander unterscheidet. 
Die Schnelligkeit, mit welcher diese Ty 
pen von kunstlosen Wohnungen verschwin 
den, ist so gross,dass sie in einigen Gegenden, 
z. B. in derjenigen, welcher wir unsere 
Bilder entnommen haben, schon anfangen 
zu den Seltenheiten zu gehören,. An ihren 
Nachfolgern, besonders an denjenigen, die 
eben jetzt aufgeführt werden, bemerkt man 
überall den Hauch eines neuen Geistes-: 
hier fehlt weder der Ansatz zu einem Stile 
noch zu einer gewissen Zierlichkeit. Das 
Rasendach, welches auf den kleinen, roth 
angestrichenen Hütten keinesweges hässlich 
ist, ja sich sogar recht pittoresk ausnehmen 
kann, während es auf den grossen Häusern 
ganz abscheulich wird, hat fast überall dem 
leichten Spandache Platz gemacht, welches 
sich mit seinen 2'/ 2 —3 Fuss langen Vor 
sprüngen sehr gut ausnimmt, seihst wenn
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.