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Volltext: Schweden : Weltausstellung 1873 in Wien

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GE. XX. DAS BAUERNHAUS. 
es mit der Zeit eine eisengraue, etwas glän 
zende Farbe angenommen hat. Die Fen 
ster und die Hausthür sind symmetrisch an 
gebracht und in allem Decorativem, z. B. 
Fenster- und Thürfutter, ersieht man. ganz 
andere Vorbilder als früher. Auch zimmert 
man nicht mehr mit kreuzweise vorsprin 
genden Ecken, sondern so, dass die Ecken 
rechte Winkel bilden, wie an gewöhnlichen 
massiven Häusern. Die jetzt auch den Einzel 
heiten gewidmete grössere Sorgfalt bewirkt, 
dass der Anstrich der Baufälligkeit versehwin- 
det, welcher mit der vorigen Bauart verbun 
den war. An vielen Orten trägt ein leichter 
Ueberbau über der Hausflurbrücke, eine Art 
Veranda, dazu bei, diese neuen Häuser recht 
einladend zu machen, sowie sie in ihrem 
Ganzen auch mehr als die früheren dem wirk 
lichen Bedürfnisse zu entsprechen scheinen. 
Die Grösse fährt zwar fort von den 
Waldvorrathe und dem Vermögen abhängig 
zu sein; der Geschmack wechselt an ver 
schiedenen Stellen — wie es scheint unter 
dem wesentlichen Einflüsse der Nachbar 
schaft der Eisenbahn oder anderer Vorbil 
der —; zweistöckige Häuser .aber werden 
nur ausnahmsweise aufgeführt. Die innere 
Anordnung verbleibt übrigens in ihren Grund 
zügen unverändert: die Stube, welche im 
mer noch ihre frühere Bedeutung hat, Haus 
flur und Küche, sowie nach den Umstän 
den wie zuvor ein oder mehre Zimmer. 
Diese aber sind jetzt sämmtlich heller, 
freundlicher, zweckmässiger; jedes Fenster 
hat sechs grosse Scheiben, drei über einan 
der, die Zimmer sind 8^—9 Fuss oder mehr 
hoch, und gut zusammengefügte hohe Thü- 
ren sind an die Stelle der früheren Stall- 
thüren ähnlichen etwa 4 Fuss hohen auf 
ihren fusshohen Schwellen ruhenden ge 
kommen, sodass der Eintritt in das Zim 
mer jetzt nicht länger mit Turnübungen 
verbunden ist. Doppelfenster, welche eine 
Luftwand einschliessen, durch welche die 
Zimmerwärme nicht so leicht abgeleitet wird 
— ein früher nur von der Herrenklasse 
angenommener vortrefflicher Artikel — sind 
kein Luxus mehr, und Tapeten an den 
Wänden, und weiss angestrichene, in den 
besseren Zimmern sogar mit Papier über 
spannte Decken verbergen die früher sicht 
baren Balken, und dieses eher als Regel 
und nicht als Ausnahme. 
Die oben erwähnte, auch von Reisen 
den augemerkte Neigung zu grossen Wohn 
häusern zeigt sich noch als herrschend, 
und wo gebaut wird, scheint die Länge 
der Wohnhäuser in grösserem Massstabe be 
stimmt zu sein, als die Lebensweise und 
die Umstände der Bewohner nothwendig 
machen sollten. Diese Art von Vermessen 
heit scheint von der Sparsamkeit und von 
der Anspruchslosigkeit des schwedischen 
Bauers kein gutes Zeugniss abzulegen. Viel 
leicht liegt in dieser weitläufigen Bauart 
Eitelkeit; zugleich aber ist es auch der Aus 
druck einer schönen Seite in dem Volks 
charakter: der Neigung für »geselliges Le 
ben» und Gastfreiheit, die den Schweden 
aller Stände ohne Ausnahme auszeichnet. 
Vergebens ist es, diesen Zug des Volks 
charakters hinweg demonstriren, ihn zu ei 
ner Tugend der Nothwendigkeit machen zu 
wollen, welche auf dem Bedürfnisse der 
Dienste und Gegendienste beruht in einem 
Lande, wo die Abstände gross, die Ver 
kehrsmittel unentwickelt und die Verpfle 
gungsstellen schlecht und an Zahl gering 
sind: er lebt immer noch unvermindert fort, 
seitdem diese möglichen Ursachen — in 
dem grössten Theile des Landes — zu wir 
ken aufgehört haben. 
Die heilsamen Einwirkungen der neue 
ren Zeit lassen sich auch in andern zu dem 
Hofe gehörenden Gebäuden entdecken. Die 
kleinen ohne Ordnung und aufs Gerathe- 
wohl gleichsam hingeworfenen Gebäude der 
jenigen Art, welche man unter der gemein 
schaftlichen Benennung »Wirthschaftsge- 
bäude» zusammenfasst, haben zierlichen 
neuen, gut angeordneten Platz gemacht: 
das enge finstere Viehhaus, in welchem das 
Vieh während des Winters in der Dunkel 
heit und verdorbenen Luft sich abzehrte, 
der Stall mit seinem (oder seinen) sich 
neigenden Stallbaum, seiner kaum der Höhe 
des Pferdes angepassten Decke und seiner 
noch engeren Thür, die Scheunen, in wel 
che das Futter durch enge Luken geschafft 
werden musste, und der feuchte Keller von 
Holz, der in jedem fünften oder zehnten 
Jahre umgebaut werden musste, sind nicht 
mehr vorhanden. Das Vieh steht jetzt in 
hohen luftigen Häusern, in welche das Licht 
durch eine hinlängliche Anzahl von Fen 
stern hereindringt, und in Räumen von 
passender Grösse, nicht mehr längs der 
Wände, sondern in einiger Entfernung von 
denselben, sodass Raum ist für einen Gang, 
von welchem das Futter in zw’echmässige
	        
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