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GE. XX. DAS BAUERNHAUS.
es mit der Zeit eine eisengraue, etwas glän
zende Farbe angenommen hat. Die Fen
ster und die Hausthür sind symmetrisch an
gebracht und in allem Decorativem, z. B.
Fenster- und Thürfutter, ersieht man. ganz
andere Vorbilder als früher. Auch zimmert
man nicht mehr mit kreuzweise vorsprin
genden Ecken, sondern so, dass die Ecken
rechte Winkel bilden, wie an gewöhnlichen
massiven Häusern. Die jetzt auch den Einzel
heiten gewidmete grössere Sorgfalt bewirkt,
dass der Anstrich der Baufälligkeit versehwin-
det, welcher mit der vorigen Bauart verbun
den war. An vielen Orten trägt ein leichter
Ueberbau über der Hausflurbrücke, eine Art
Veranda, dazu bei, diese neuen Häuser recht
einladend zu machen, sowie sie in ihrem
Ganzen auch mehr als die früheren dem wirk
lichen Bedürfnisse zu entsprechen scheinen.
Die Grösse fährt zwar fort von den
Waldvorrathe und dem Vermögen abhängig
zu sein; der Geschmack wechselt an ver
schiedenen Stellen — wie es scheint unter
dem wesentlichen Einflüsse der Nachbar
schaft der Eisenbahn oder anderer Vorbil
der —; zweistöckige Häuser .aber werden
nur ausnahmsweise aufgeführt. Die innere
Anordnung verbleibt übrigens in ihren Grund
zügen unverändert: die Stube, welche im
mer noch ihre frühere Bedeutung hat, Haus
flur und Küche, sowie nach den Umstän
den wie zuvor ein oder mehre Zimmer.
Diese aber sind jetzt sämmtlich heller,
freundlicher, zweckmässiger; jedes Fenster
hat sechs grosse Scheiben, drei über einan
der, die Zimmer sind 8^—9 Fuss oder mehr
hoch, und gut zusammengefügte hohe Thü-
ren sind an die Stelle der früheren Stall-
thüren ähnlichen etwa 4 Fuss hohen auf
ihren fusshohen Schwellen ruhenden ge
kommen, sodass der Eintritt in das Zim
mer jetzt nicht länger mit Turnübungen
verbunden ist. Doppelfenster, welche eine
Luftwand einschliessen, durch welche die
Zimmerwärme nicht so leicht abgeleitet wird
— ein früher nur von der Herrenklasse
angenommener vortrefflicher Artikel — sind
kein Luxus mehr, und Tapeten an den
Wänden, und weiss angestrichene, in den
besseren Zimmern sogar mit Papier über
spannte Decken verbergen die früher sicht
baren Balken, und dieses eher als Regel
und nicht als Ausnahme.
Die oben erwähnte, auch von Reisen
den augemerkte Neigung zu grossen Wohn
häusern zeigt sich noch als herrschend,
und wo gebaut wird, scheint die Länge
der Wohnhäuser in grösserem Massstabe be
stimmt zu sein, als die Lebensweise und
die Umstände der Bewohner nothwendig
machen sollten. Diese Art von Vermessen
heit scheint von der Sparsamkeit und von
der Anspruchslosigkeit des schwedischen
Bauers kein gutes Zeugniss abzulegen. Viel
leicht liegt in dieser weitläufigen Bauart
Eitelkeit; zugleich aber ist es auch der Aus
druck einer schönen Seite in dem Volks
charakter: der Neigung für »geselliges Le
ben» und Gastfreiheit, die den Schweden
aller Stände ohne Ausnahme auszeichnet.
Vergebens ist es, diesen Zug des Volks
charakters hinweg demonstriren, ihn zu ei
ner Tugend der Nothwendigkeit machen zu
wollen, welche auf dem Bedürfnisse der
Dienste und Gegendienste beruht in einem
Lande, wo die Abstände gross, die Ver
kehrsmittel unentwickelt und die Verpfle
gungsstellen schlecht und an Zahl gering
sind: er lebt immer noch unvermindert fort,
seitdem diese möglichen Ursachen — in
dem grössten Theile des Landes — zu wir
ken aufgehört haben.
Die heilsamen Einwirkungen der neue
ren Zeit lassen sich auch in andern zu dem
Hofe gehörenden Gebäuden entdecken. Die
kleinen ohne Ordnung und aufs Gerathe-
wohl gleichsam hingeworfenen Gebäude der
jenigen Art, welche man unter der gemein
schaftlichen Benennung »Wirthschaftsge-
bäude» zusammenfasst, haben zierlichen
neuen, gut angeordneten Platz gemacht:
das enge finstere Viehhaus, in welchem das
Vieh während des Winters in der Dunkel
heit und verdorbenen Luft sich abzehrte,
der Stall mit seinem (oder seinen) sich
neigenden Stallbaum, seiner kaum der Höhe
des Pferdes angepassten Decke und seiner
noch engeren Thür, die Scheunen, in wel
che das Futter durch enge Luken geschafft
werden musste, und der feuchte Keller von
Holz, der in jedem fünften oder zehnten
Jahre umgebaut werden musste, sind nicht
mehr vorhanden. Das Vieh steht jetzt in
hohen luftigen Häusern, in welche das Licht
durch eine hinlängliche Anzahl von Fen
stern hereindringt, und in Räumen von
passender Grösse, nicht mehr längs der
Wände, sondern in einiger Entfernung von
denselben, sodass Raum ist für einen Gang,
von welchem das Futter in zw’echmässige