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Volltext: Schweden : Weltausstellung 1873 in Wien

GE. XX. DAS BAUERNHAUS. 
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Krippen und Raufen gelegt wird. Früher 
wurde es in die Räume airf die Erde ge 
worfen, wo es verschüttet oder durch Zer 
treten unschmackhaft gemacht wurde. Ge 
wöhnlich ist am Giebel eine Luke vorhan 
den, durch welche der Mist auf den Dung 
platz geschafft wird; zu diesem Zwecke 
geht mitten durch das Gebäude eine schmale 
Rinne, die draussen fortgesetzt wird; auch ist 
dafür gesorgt, dass der flüssige Theil des Mi 
stes auf den Dungplatz ablaufen kann. Der 
Haüpteingang ist in der Mitte der einen 
Langseite. An der Seite, welche der Mist 
luke gegenüber liegt, befindet sich der »Fut 
tergeber», ein Verschlag längs der ganzen 
Breite des Gebäudes, in welcher das Fut 
ter für den Tag verwahrt wird. Geht man 
weiter fort in dieser Richtung, so gelangt 
man in die Tennenscheunen, wohin das 
ausgedroschene Getreide gebracht wird, und 
zwichen denen die Tenne belegen ist. Bis 
weilen sind auch das Geräthhaus, der Stall 
und die Holzkammer unter demselben Dache; 
gewöhnlich aber bilden die letzteren ein 
Haus oder zwei, symmetrisch aufgeführt. 
In die Tenne und Scheune u. a. führen 
grosse Thore, welche gestatten, dass das 
Futtfer und Getreide eingefahren werden 
kann, und, wo die Lage es gestattet, ist 
durch eine Brücke dafür gesorgt, dass das 
Futter auf den über dem ganzen Gebäude 
befindlichen Boden gebracht werden kann. 
Das Baumaterial ist in dem überwiegend 
grössten Theil des mittleren Schwedens 
fortwährend Holz, gewöhnlich fichtenes, 
welches von dem Klima des Nordens zu 
einer Festigkeit und Stärke ausgebildet 
wird, . wie es in einem südlicheren nicht 
der Fall ist; ausnahmsweise werden auch 
Tannen angewendet, welche ein etwas 
loseres Holz haben, als die Fichten. Es 
giebt Ausnahmen, dass auch andere Holz 
arten angewendet werden; solches aber gilt 
nur für die Wirthschaftsgebäude, welche, 
besonders das Viehhaus, an einzelnen Stel 
len massiv aufgeführt werden. Sand und 
Kalk, welche in der neuesten Zeit bisweilen 
angewendet worden sind, haben sich als 
ein sowohl billiges als auch gutes Bau 
material bewährt, und die fortwährend 
steigenden Preise der gesuchten Waldpro 
dukte haben den Wunsch allgemein ge 
macht, dass die gegossenen• Häuser immer 
mehr eingeführt werden mögen. Gewölbte 
Keller von Granit, zur Besparung eines 
eigenen Daches verlegt unter ein anderes 
Gebäude, ist eine Neuerung, welche schnell 
Eingang gefunden hat. 
Das Meublement ist in der Stube so 
ziemlich unverändert sowohl unter verschie 
denen Vermögensumständen als auch an 
verschiedenen Orten. Die Hausgeräthe sind 
hier weder zahlreich, noch auf irgend eine 
Weise hervorstehend, sie bestehen in einem 
Bett, welches ausgezogen wird, drei oder 
mehren Schlafbänken, einem Klapptische, 
einem Schranke, einem Speiseschranke oder 
einer grossen Commode, einigen Stühlen 
und einer gewaltigen Wanduhr. Das Ganze 
ist einfach, zweckmässig, nicht unbequem; 
dadurch dass es der Lebensweise, den Be 
dürfnissen und Gewohnheiten der Bewohner 
angepasst ist und durch die Solidität, wo 
durch es sich auszeichnet, erhält es eine 
Art von Stil. Die gemeinschaftliche Ruhe 
stätte des Vaters und der Mutter ist ein 
Bett, welches ausgezogen wird, aber nicht 
nach dem Muster desjenigen, das bei den 
anderen Klassen vorkommt, welches ver 
längert wird, sondern so, dass das Bett des 
Bauers nach der Breite ausgezogen wird. 
Gleichwohl ist dieses Bett durch eine etwas 
grössere Zierlichkeit, einige einfachen Lei 
sten, einige sehr ursprünglichen Holz- 
schnitzeleien, vor den Schlafbänken der 
Kinder und der Dienstboten ausgezeichnet. 
Das der Wand zugekehrte Rückenstück des 
Bettes ist höher als die übrigen Seiten, 
ähnlich dem an einem von unseren moder 
nen Sofas. Die Form eines Rückenstückes 
ist die einer horizontal liegenden Clau- 
sel ( ), mit nach oben gekehrter 
Spitze, doch mit dem Unterschiede, dass 
die Mitte, wo sich die eben angedeuteten 
Zierrathen zu befinden pflegen, sich bedeu 
tend über die Seiten erhebt. (Die Seiten 
stücke, welche mit den niedrigsten Punkten 
des Rückenstückes in gleicher Höhe sind, 
erheben sich beinahe um einen Fuss über 
die obere Kante der Vorderseite). Eine 
dicke Decke bedeckt das Bett, welches, 
nachdem man aufgestanden ist, sogleich 
aufgebettet wird. Ueber dem Bette hängt 
an einem Nagel an dem Riemen das Ge 
wehr des Vaters, und unter demselben auf 
einem einfachen Kissen — etwa einem 
Eichhörnchenfell — seine Taschenuhr. Die 
Schlafbänke haben ein gerades Rückenstück 
und Seiten in der Form von Quadraten 
oder etwas Ähnlichem; Zierrathen und Ge-
	        
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