1G4
GE. XXI. DIE NATIONALE HAUSINDUSTRIE.
durch Prämien oder Medaillen, theils durch
Ausstellungen, welche bald das ganze Reich,
bald gewisse Län oder Landestheile um
fassen, theils durch die Erleichterung des
Absatzes der Produkte des Hausfleisses. In
der letzterwähnten Hinsicht haben die Haus
haltungsgesellschaften zu der in Stockholm
unter der Benennung des Schwedischen
Industrie-Magazines angeordneten permanen
ten Ausstellung der Industrie- und Gewerbe
produktionen Beiträge gegeben. Dergleichen
permanente Ausstellungslokale, wenn auch
kleinere, giebt es auch in anderen Theilen
des Landes.
Unter allen häuslichen Gewerben nimmt
immer noch die Weberei den wichtigsten
Platz ein, wenn auch jetzt der Bauer nicht
mehr, wie früher in mehren Landestheilen,
beinahe nur die Kleider trägt, welche seine
Frau verfertigt hat. Diese Weberei hat ihren
Hauptsitz in dem Län Elfsborg. Wir ha
ben schon gesehen (S. 79), dass es in die
sen Gegenden Personen giebt, welche Ver
leger für Tausende von Weberinnen sind,
die sich zu Hause mit der Weberei, beson
ders von Baumwolle, beschäftigen. In Än-
germanland wird feine Leinwand, sowohl
schlichte als auch fafonnirte (Drillich zu
Tischtüchern) gewebt. In Halland, in Ving-
äker (in Södermanland) u. a. m. werden
von den Bäuerinnen wollene u. a. Gewebe
zubereitet. Gleichwohl muss daran erin
nert werden, dass hier und an vielen an
dern Orten die Weberei eine Quelle des
Einkommens und daher für den Absatz be
rechnet ist; aber der Webereifleiss wird an
ausserordentlich vielen andern Orten (in
Schweden ausschliesslich von dem weibli
chen Geschlechte) ausgeübt, wo die Zube
reitung einzig und allein für den eigenen
Verbrauch berechnet ist.
Ueber diese und andere weibliche Be
schäftigungen, wie Spitzenklöppelei, Haar
arbeiten, Strohflechten, siehe unten: An
hang zu Gr. 26 (Frauenarbeiten).
Unter den männlichen Beschäftigungen
können erwähnt werden: Schmiede- und
Tischlerarbeiten aller Art, sodass in den ver
schiedenen Landestheilen Nägel, Stifte, Huf
eisen, Pflüge, Sensen, Äxte, Messer, Ge
wehre, Schlösser, Karden, messingene Dosen,
Stecknadeln u. a. m. »ubereitet werden, so
wie auch Dreschwerke, Fuhrwerke, Dauben
fässer, Webschiffe und Möbeln (z. B. in
Väla in Vestmanland und Lindome im
Län Göteborg, s. Gr. 8). Hierher gehört
auch die Anfertigung von Korb- und Stroh
arbeiten, von Schuhzeug (zum Verkauf),
Lederbereitung u. a. m.
Der Bootbau ist in gewissen Gegenden
ein stark betriebenes Gewerbe. Die in Orust
und Tjörn in Bohuslän gebauten Boote sind
sehr gesucht, eben so die sog. Schnieken
von Westerbotten.
Die starke Entwickelung der Hausin
dustrie^ in gewissen Gegenden in Verein
mit den damals geltenden strengeren An
sichten über die Handelsfreiheit rief eine
eigene Art des Handels ins Leben, näm
lich den Hausierhandel, welcher jedoch mit
den in den letzten Zeiten entstandenen freien
Handelsgerechtsamen und besonders mit den
dadurch auch auf dem platten Lande ge
statteten Kaufläden jetzt grösstentheils ver
schwunden ist. Dennoch kommt es auch
noch als ein Ueberbleibsel dieses Hausier
handels vor, dass Vestgöten und Smälän-
der im Reiche umherwandern und die zu
Hause-gewebten baumwollenen oder wolle
nen Zeuge zum Verkauf ausbieten, oder
dass man einen Dalekarlier (schwedisch Dal-
karl, d. i. Thalkerl, ein Mann aus Da-
larne) in weiter Ferne von seiner Hei-
math antrifft, in der Absicht seine grossen
und starken Wanduhren abzusetzen, oder
dass eine Dalekarlierin ihre magere Hei-
matb verlässt und mit ihren Arbeiten von
Menschen- und Pferdehaaren nicht nur
ihr ganzes grosses Vaterland durchstreift,
sondern sogar ihre Wanderungen bis in die
Nachbarländer, Dänemark und Norwegen,!
ja bisweilen bis nach Deutschland und noch
weiter ausdehnt.