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GE. XXV. BILDENDE KUNST DER GEGENWART.
auf dem Gebiete der bildenden Kunst hat
das Zeitalter Gustafs III hervorragende Na
men aufzuweisen.
Um indessen die Eiehtung, welche die
Kuiftt in der zweiten Hälfte des 18 Jahr
hunderts in Schweden nahm, richtig be-
urtheilen zu können, ist es geboten, bei
einer Begebenheit von ganz besonderer Be
deutung in der schwedischen Kunstge
schichte zu verweilen, nämlich-bei der Er
bauung des Schlosses zu Stockholm von
Nicodemus Tessin dem Jüngeren und bei der
künstlerischen Ausschmückung desselben.
Es ist hierbei wohl zu beachten, so
leicht erklärlich es übrigens ist, dass Tes
sin beim Schlossbau durchaus keinen Ge
brauch von der einheimischen durch Ehren
strahl gegründeten Malerschule machte, weil
die Richtung derselben ihrer Natur nach
zu deutsch war, wogegen Tessin in der
Decoration dem französischen Geschmacke
huldigte. Es war daher auch die Familie
Tessin, welche vorzugsweise diesen Ge
schmack in Schweden einführte, und gerade
der Bau des Schlosses gab dazu die beste
Gelegenheit.
Die von Nie. Tessin berufenen fran
zösischen Künstler übten indessen keinen
besonders grossen Einfluss auf die einhei
mischen Künstler aus, da die zerrütteten
Finanzen des Landes nach den unglück
lichen Kriegen Carl’s XII eine Unterbrechung
der Arbeiten an der Königsburg geboten.
Um so grösser war dagegen der Einfluss
derjenigen Franzosen, welche von Carl
Gustaf Tessin, der nach dem Tode des
Vaters die Leitung des Schlossbaues über
nahm und welchem Carl Härleman als Bau
meister untergeordnet wurde, ins Land ge
rufen wurden.
Als Schweden nun (1728) nach den
unglücklichen Kriegsjahren wieder so viel
zu Kräften gekommen war, dass die Reichs-
Stände die zur Vollendung des Schlosses
nöthigen Summen bewilligen konnten, be
rief C. G. Tessin eine Menge Künstler aus
dem Auslande, von welchen genannt werden
mögen: der Maler G. T. Taraval, die
Bildhauer Lelievre, Belletti, Bouchardon,
VArchevesque, Masreliez und der Gold
sticker Sergel.
Diese Ausländer und einige Schweden,
wie Johan Pasch und Olof Arenius, bil
deten den Künstlerkreis, dessen Mittelpunkt
und Seele Tessin war. Durch seinen Ein
fluss wurde nun eine Zeichenschule er
richtet, die von Taraval geleitet und im
Jahre 1735 zur "Königl. Zeichen-Akademie”
erhoben ward. Somit war also ein Insti
tut geschaffen, auf welches die Verehrer
der Kunst in Schweden sich stützen, und
wo Anfänger auf der Künstlerbahn ange
leitet werden konnten.
Die Wirkung derselben blieb nicht aus.
Man findet den Kronprinzen Gustaf (nach-
herigen Gustaf III) und seinen Bruder
unter den Schülern der Akademie, und der
hier genossene Unterricht hat ohne Zweifel
zur Entwickelung der beständigen Neigung
des Monarchen zu künstlerischer Beschäf
tigung beigetragen.
Unter den hervorragenderen Schülern
der Akademie können angeführt werden:
Carl Gustaf Pilo, der jedoch bald (1740)
nach Kopenhagen übersiedelte, wo er zu
Ansehen gelangte, Professor und Director
der von Friedrich V gestifteten Akademie
wurde und nach dreissigjährigem Aufent
halte daselbst schliesslich nach Schweden
zurückkehrte und die Stelle des Directors
der Akademie zu Stockholm erhielt. Fer
ner Lorenz Pasch, Pehr Kr afft und der
Pastellmaler G. Lundberg, welche die vor
züglichsten Portraitmaler der Gustaviani-
schen Periode wurden.
Die bedeutendsten unter den Schülern
der neuen Schule waren doch: Louis Mas
reliez und Tobias Sergel (Söhne der oben
genannten von Tessin berufenen Künstler
derselben Namen); I. Säfvenbom, der äl
teste Landschaftsmaler Schwedens, dürfte
gleichfalls seinen ersten Unterricht in dieser
Schule genossen haben.
Mit der Akademie wurde etwas später
(1766) eine Kupferstecher-Schule unter der
Leitung Pehr Floding's vereinigt, welcher
Künstler sich unter der Anleitung Jacob
Gillberg's zu einem geschickten Kupfer
stecher herangebildet hatte.
Ungeachtet der Wirksamkeit, welche
der Schlossbau den Vorgerückteren, und
des Unterrichts, den die Akademie den
Anfängern bot, dauerte doch die nach der
unglücklichen Periode mit dem Tode Carls
XII begonnene Auswanderung der schwe
dischen Künstler fort, die in fremden Län
dern ihr Glück zu machen und sich Bahn
zu brechen suchten. Es ist schon erwähnt
worden, dass Pilo nach Kopenhagen ging;
ein Gleiches that Mandelberg, der eben-