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Volltext: Schweden : Weltausstellung 1873 in Wien

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GE. XXV. BILDENDE KUNST DER GEGENWART. 
ein Künstler geworden, der vielleicht Ca- 
nova, den Plastiker, welcher in der zu 
seiner Zeit neu erwachenden Entwickelung 
der Bildhauerkunst den Ton angab, über 
troffen, in jedem Falle ihm nicht nachge 
standen hätte. In llom modellirte er, auf 
Bestellung der Gräfin Dübarry, seine un 
vergleichlich schöne Gruppe "Amor und 
Psyche”, die für Rechnung Gustafs III in 
Marmor ausgeführt wurde und jetzt eine 
der schönsten Zierden des schwedischen 
Mational-Museums ist. Als einen traurigen 
Beweis der Kunstthätigkeit, zu welcher die 
Gunst Gustafs III ihn zwang, sieht man 
noch im Museum, wenige Schritte von der 
ebengenannten Gruppe, die widerlichste 
Misshandlung der Antike: eine Nachahmung 
der bekannten antiken Statue "Venus Kal- 
lipygos”, dargestellt mit den Gesichtszügen 
einer Schönheit am Hofe (der Gräfin Höp- 
ken). Unter den besten Arbeiten Sergel’s 
können ferner genannt werden: "Venus, die 
ins Bad steigt” (für den Grafen Cederhjelm 
auf Säby ausgeführt), "Axel Oxenstjerna 
und die Muse der Geschichte”, eine Menge 
kirchlicher Monumente, wie das über Car- 
tesius (in der Adolf-Fredriks Kirche zu 
Stockholm) und unzählige Portraits-Sta- 
tuen, Büsten und Medaillons. Die wich 
tigste dieser Arbeiten und zugleich eins 
der Meisterwerke Sergels ist die Statue 
Gustafs III an der Schiffbrücke zu Stock 
holm, welche von der Stockholmer Bürger 
schaft 1790 bestellt wurde. In dieser 
Statue scheint der alte römische Geist in 
Sergel wieder erwacht zu sein; Gustaf ist 
in dem Augenblicke dargestellt, da er an 
der Schiffbrücke ans Land gestiegen ist 
und mit der einen Hand seinem Lande den 
Olivenzweig als Zeichen des Friedens reicht; 
von der Zehspitze bis zum begeisterten 
Antlitze geht durch die ganze Gestalt 
gleichsam ein elektrischer Strom, der Alles 
belebt und keinen Theil kalt oder leer 
stehen lässt. Sergel starb 1814. 
Vier Jahre später als Sergel kehrte der 
Maler Masreliez zurück. Er hatte haupt 
sächlich in Bologna studirt und daselbst 
solche Anerkennung gefunden, dass er in 
die Akademie der Stadt als Mitglied auf 
genommen worden war; er war nächst 
Sergel der hervorragendste Künstler zur 
Zeit Gustafs III. Da die Begabung Mas 
reliez’ sich durchaus nicht 'für die Staffelei- 
Malerei eignete und Gelegenheit zu monu 
mentalen Arbeiten sich nicht oft darbot, 
hinterliess dieser Meister nicht sehr viele 
bedeutende Werke. Unter denselben kann 
zuerst erwähnt werden das Altarbild in der 
Maria-Kirche zu Stockholm, vor seiner 
Reise i Oel gemalt; dieses Gemälde hat 
doch eine weit geringere Bedeutung als die 
Fresco-Malereien im Haga-Pavillon, welche 
Scenen aus der griechischen Mythologie 
mit Arabesken darstellen, die deutlich zei 
gen, dass er hierbei die antike Decorations- 
malerei fleissig studirt, und dass er in 
Schweden als Apostel der Classicität be 
trachtet werden kann, obgleich er sich nicht 
immer von dem Rococo-Geschmacke, der 
seine Zeit charakterisirte, frei zu machen 
vermochte. Seinen Haupteinfluss übte er als 
Lehrer an der Akademie aus, wo er 1784 
Professor und 1806 Director wurde; er starb 
1810. 
Die Liebhaberei Gustafs III für das 
Theatralische, die einer seiner hervorste 
hendsten Charakterzüge war, liess ihn in 
dem Franzosen, Architekten Louis Des 
prez, den er in Rom kennen gelernt hatte, 
das hervorragendste Talent unter den Künst 
lern seines Hofes sehen. Desprez, der ein 
vorzüglicher Zeichner war, wurde vom Kö 
nige zu Allem tauglich erachtet, sowohl 
zum königlichen Decorationsmaler, als auch 
um eines der wenigen wirklich historischen 
Gemälde aus der Zeit Gustafs zu malen: "die 
Schlacht bei Hogland” (jetzt auf dem königl. 
Schloss Rosersberg), ein Gemälde ohne be 
sonders grosse Bedeutung. In seiner ei 
gentlichen Kunst, der Architektur, hatte 
Desprez selten Gelegenheit mehr als Pro- 
jecte auszuführen, unter denen eins der 
wichtigsten das eines grossen Schlosses 
bei Haga war, zu welchem der Grund 1786 
gelegt, welches aber infolge des Todes des 
Königs niemals vollendet wurde. 
Eine eigenthümliche Erscheinung in der 
Kunst zur Zeit Gustafs HI ist die Thätig- 
keit Lehr Hörberg’s als Maler. Er war 
der Sohn eines Soldaten (Ake Hörberg) 
und wurde 1746 in Smäland geboren. Mit 
einem höchst ungewöhnlichen Farbensinne 
und einer reichen Einbildungskraft begabt, 
wäre er ohne Zweifel, wenn er eine nur 
einigermassen genügende künstlerische Er 
ziehung erhalten und nicht mit so trüben 
ökonomischen Verhältnissen zu kämpfen ge 
habt hätte, eine Grösse in der Kunst ge 
worden, während er jetzt nur als ein Cu-
	        
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