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Volltext: Schweden : Weltausstellung 1873 in Wien

GR. XXVI. ERZIEHUNG^-, UNTERRICHTS- UND BILDUNGSANSTALTEN. 
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In den höheren Volksschulen werden 
hauptsächlich dieselben Gegenstände ge 
lehrt, wie in den eigentlichen Volksschulen, 
aber mit erweiterten Lehrcursen. Als neue 
Lehrgegenstände kommen hinzu: Zeichnen 
aus freier Hand und Buchhaltung. 
Gewerbeschulen für Knaben sind an 
vielen Orten, besonders in den Städten,- 
vorhanden, und in den meisten Mädchen 
schulen ist Gelegenheit gegeben zur Uebung 
in weiblichen Handarbeiten. In einigen 
grösseren Städten ist auch für Mädchen 
Gelegenheit bereitet zur Uebung in den 
gewöhnlichen weiblichen Haushaltungsge 
schäften, wie Backen, Waschen, Plätten u. 
a. m., in besonderen zu diesem Zwecke ein 
gerichteten sog. Haushaltungsschulen. 
Diejenigen Kinder, welche durch Armuth 
gehindert werden, den Unterricht während 
der ganzen vorgeschriebenen Zeit zu be 
nutzen, oder denen die Anlagen fehlen, das 
ganze Mass der Kenntnisse, welche der Un 
terricht darbietet, sich zu erwerben, müssen 
bei dem Abgänge von der Schule wenig 
stens folgenden in den Schulgesetzen vor 
geschriebenen Minimal-Cursus durchgemacht 
haben: Fertigkeit im Lesen, Religionskennt- 
niss bis zu dem Grade, welcher erforderlich 
ist, um an dem Confirmationsunterrichte 
Theil nehmen zu können, Fertigkeit im 
Schreiben, im Rechnen die vier Species in 
unbenannten Zahlen und Uebung im Kirchen- 
gesange, mit Ausnahme derjenigen, denen 
die musikalischen Anlagen fehlen. 
Als allgemeine Regeln für den Unter 
richt gelten, dass die Uebungen in der 
Schule hauptsächlich 'die Entwickelung der 
Seelenkräfte der Lernenden bezwecken sol 
len, und dass ihnen kein Lehrstück zur 
Arbeit auf eigene Hand vorgelegt wird, 
welches nicht von dem Lehrer mit ihnen 
durchgemacht und erklärt worden ist; sowie 
auch dass die Lehrgegenstände in zweck 
mässiger Ordnung in den Unterricht ein- 
treten müssen; dass die Kinder früh zur 
Abwechselung mit den Leseübungen im 
Schreiben und Rechnen geübt werden sollen; 
dass der Unterricht in der biblischen Ge 
schichte dem katechetischen Unterrichte vor 
angehen, und dass der Unterricht in den 
übrigen Lehrgegenständen nicht über die 
Zeit aufgeschoben werden soll, da derselbe 
mit Vortheil zu der Ausbildung der Lernen 
den benutzt werden kann, 
Aus den neuesten Berichten erhellt, dass 
so ziemlich alle Kinder in der Volksschule, 
ausser Leseübungen, in der Religion, im 
Schreiben und im Rechnen Unterricht er 
halten. 
Rücksichtlich der übrigen Lehrgegen 
stände ist im Jahre 1871 folgender Anzahl 
von Kindern Unterricht ertheilt worden: 
215,841 Kindern in 
200,380 » » 
91,729 » » 
310,718 » » 
219,657 » » 
49,015 » » 
Geschichte und 
Geographie, 
Naturlehre, 
Geometrie und 
Linearzeichnen, 
Gesang, 
Gymnastik und 
Gartenbau. 
In der Religion beginnt der Unterricht 
mit mündlicher Darstellung der Erzählungen 
aus der biblischen Geschichte, welche an 
schaulich gemacht wird durch biblische Bil 
der, die für die Schulen veröffentlicht 
sind. Die Glaubenslehre wird hauptsäch 
lich nach Luther’s kleinem Katechismus 
mitgetheilt, und der Lehrer darf zur An 
leitung eine darüber herausgegebene Er 
klärung benutzen. Die Bibel wird theils 
in den täglichen Betstunden und theils in 
Zusammenhang mit dem Religionsunterrichte 
gelesen; auch lernen die Kinder wichtigere 
Bibelsprüche auswendig. 
Bei den Leseübungen gewinnt die 
Schreiblesemethode immer mehr Eingang, 
und die Fertigkeit richtig und gut zu lesen 
hat bedeutende Fortschritte gemacht. In 
Zusammenhang hiermit wird theils Recht 
schreibung zur Einlernung des richtigen 
Buchstabirens und theils für die weiter 
Fortgeschrittenen Uebungen in schriftlichen 
Aufsätzen angewendet. 
Im Rechnen beginnt der Unterricht mit 
dem Kopfrechnen, und zur Veranschau 
lichung der Zahlen werden sog. Rechen 
rahmen oder andere zu diesem Zwecke dien 
liche Apparate angewßndet. Besonders wer 
den die einfachen Rechenarten gut eingeübt, 
sodass die Kinder dieselben gründlich ken 
nen 'lernen und nicht allein Fertigkeit in 
dem mechanischen Rechnen erlangen, son 
dern auch die Gründe der Rechenarten und 
die praktische Anwendung derselben lernen. 
Erst nachdem eine solche Kenntniss erreicht 
ist, wird zu den zusammengesetzten Rech 
nungsarten fortgeschritten.
	        
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