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Volltext: Schweden : Weltausstellung 1873 in Wien

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GR. XXVI. ERZIEHUNGS-, UNTERRICHTS- UND BILDUNGSANSTALTEN. 
In der Geschichte und Geographie wird 
die Kenntniss des Vaterlandes gelehrt theils 
in zusammenhängender Uebersicht, theils 
in ausführlicherer Darstellung der wich 
tigeren Begebenheiten und Ortschaften und 
über die andern Kulturländer im Auszug. 
Historische Tafeln, Wandkarten, Globen und 
Tellurien werden bei diesem Unterrichte 
sehr allgemein angewendet, um demjenigen, 
was gelehrt wird, eine grössere Anschau 
lichkeit zu geben und dadurch die Auffas 
sung zu erleichtern. 
Die Naturlehre hat mit jedem Jahre 
grössere Wichtigkeit bei dem Unterrichte 
erhalten, und der Erfolg darin wird sehr 
befördert durch die Anwendung des An 
schauungsmaterials, welches in der neuesten 
Zeit für die Schulen angeordnet worden 
ist. Wandgemälde in der Naturgeschichte, 
Sammlungen von Pflanzen und Mineralien 
sind viel in Gebrauch und an manchen 
Orten auch physikalische Apparate. 
Geometrie ist ein Lehrgegenstand, der 
noch nicht in grösserer Allgemeinheit vor 
kommt. Sie wird immer praktisch mitge- 
theilt und umfasst gewöhnlich die Eigen 
schaften ebener und fester Figuren und die 
Art sie auszumessen und zu berechnen. In 
Verbindung mit dem Unterricht in diesem 
Lehrgegenstande kommt Uebung im Linear 
zeichnen vor; aber der Unterricht im Zeich 
nen aus freier Hand hat bis jetzt erst an 
wenigen Orten begonnen. 
In Gesang und Gymnastik wird sehr all 
gemein unterrichtet, besonders in ersterem, 
welcher beinahe in allen Volksschulen und 
in den meisten Kleinschulen geübt wird. 
Zu der sicheren Leitung des Gesanges sind 
den Schulen Örgelharmonien für billigen 
Preis zugänglich. In Verbindung mit der 
Gymnastik werden auch militärische Uebun- 
gen, wie Märsche, einfache Infanteriebewe 
gungen und Handgriffe, vorgenommen. 
Der Unterricht im Gartenbau hat bis 
jetzt noch keine bedeutenden Fortschritte 
gemacht. Doch giebt es Pflanzungsland 
bei 2,166 Volksschulen, und je mehr dies 
für den Unterricht geordnet wird, muss sich 
ohne Zweifel das Interesse für diesen wich 
tigen Gegenstand mehren. 
Seit 1864' ist vorgeschrieben, dass ein 
Abgangsexamen mit denjenigen Schülern 
angestellt werden soll, welche von der 
Schule abgehen wollen. Diese Vorschrift 
ist mit jedem Jahre allgemeiner beobachtet 
worden, und im Jahre 1871 hatten von den 
abgehenden Kindern 48,742 eine solche 
Prüfung bestanden. 
Ein wichtiger Theil der Anordnungen 
für den Volksunterricht ist die Ertheilung 
eines fortgesetzten Unterrichts an diejeni 
gen Kinder, welche aufgehört haben die 
Schule täglich zu besuchen. Wo ein solcher 
Unterricht angeordnet ist, werden dazu in 
den Städten gewöhnlich an einigen Wochen 
tagen zwei Abendstunden, auf dem Lande 
aber wird dazu ein besonderer Wochentag 
verwendet. Diese Anordnungen haben sich 
gleichwohl langsam entwickelt: im Jahre 
1871 haben nur 25,215 Kinder den fort 
gesetzten Unterricht benutzt. 
In einigen Provinzen sind in den letzten 
Jahren Schulen errichtet worden für ältere, 
dem Bauernstände angehörende Jünglinge, 
die schon weit über das Schulalter hinaus 
sind. Der Zweck mit diesen Schulen, welche 
den Namen Volkshochschulen erhalten haben, 
ist der, die in den Volksschulen erworbenen 
Kenntnisse zu vermehren und solche all 
gemein-nützlichen Kenntnisse nebst An 
wendung derselben mitzutheilen, welche bej 
dem Eintritt in das praktische Leben von 
ganz besonderer Wichtigkeit sind. Einige 
dieser Schulen haben bereits mehre Jahre 
mit Erfolg gearbeitet. 
V. Die Lehrer. Um bei einer höhe 
ren Volksschule Anstellung zu erhalten, 
ist erforderlich, an einer Universität studirt 
zu haben; ausserdem sind über die An 
stellung der Lehrer bei diesen Schulen be 
sondere Bestimmungen in den für dieselben 
geltenden Beglementen gegeben und von 
dem Könige sanctionirt. _ Im Allgemeinen 
geht es dabei so zu, dass das Domcapitel 
des Stiftes, in welchem die Schule belegen 
ist, nachdem von denjenigen, die sich um 
das Lehreramt beworben haben, Proben vor 
dem Domcapitel abgelegt sind, die drei am 
meisten Verdienten derselben vorschlägt, 
und der Schulrath dann unter diesen den 
Lehrer zu wählen hat. 
Was die eigentlichen Volksschulen be 
trifft, über welche durch eine königliche 
Verfügung vom Jahre 1859 vorgeschrieben 
wird, dass dasjenige, was über die Lehrer 
festgesetzt ist, auch auf die Lehrerinnen 
Anwendung finden soll, so ist erforderlich, 
um als ordentlicher Lehrer oder ordentliche 
Lehrerin bei einer solchen Schule ange-
	        
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