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GE. XXVI. ERZIEHDNGS-, UNTERRICHTS- UND BILDUNGSANSTALTEN.
einem gut bestandenen besonderen Examen
eine Versetzung zu Anfänge sowohl des
Herbst- als des Frühlingstermines statt
finden.
Nachdem ein Zögling die sämmtlichen
Klassen einer vollständigen Anstalt durch
gemacht hat, wird mit ihm eine Prüfung
angestellt, um zu erforschen, ob er sich
die Kenntnisse, die Bildung und die Reife
erworben hat, welche die Elementarschule
mitzutheilen beabsichtigt. Diese Prüfung
heisst »Abgangsexamen» (siehe darüber wei
ter unten). Ein grosser Theil der Zöglinge
verlässt die Schule schon in den unteren
Klassen.
Am Ende eines jeden Unterrichtsjahres
wird mit den sämmtlichen Klassen der
Schule ein öffentliches Jahresexamen an
gestellt. Jeder, der es wünscht, ist be
rechtigt als Zuhörer dabei, anwesend zu
sein; ausserdem beruft der Ephorus eine
Anzahl der angesehenen Männer des Ortes,
um als Zeugen und Leiter daran Theil zu
nehmen. Das Jahresexamen ist theils eine
Rechenschaftsablage über die im dem Jahre
durchgemachten Lehrcurse, theils auch ein
Vorzeigen der Fortschritte, welche die Zög
linge in Gesang, Instrumentalspiel, Zeich
nen, Gymnastik und Militärübungen ge
macht haben. Nach der Beendigung des
Examens macht der Ephorus oder der In
spector die Versetzung der Zöglinge be
kannt, sowie die Zeugnisse über die Kennt
nisse, den Fleiss und das Betragen der
Zöglinge, theilt Prämien und Stipendien
aus und entlässt darauf die Zöglinge. Das
Ganze ist immer mit einer gewissen Feier-
lichkeit verbunden und hat an manchen
Orten den Character eines Volksfestes er
halten.
Vor diesem Examen soll der Rector
über die Thätigkeit der Lehranstalt wäh
rend des letztverflossenen Schuljahres einen
Bericht durch den Druck veröffentlichen.
Auch am Ende des Herbsttermines wird
bei den unteren Elementarschulen und den
5 unteren Klassen der höheren ein kürzeres
öffentliches Examen angestellt vor den Zeu
gen, die der Ephorus dazu beruft.
Mit den Zöglingen, die den Schulcur-
sus vollständig durchgemacht haben, wird
bei den höheren Elementar-Unterrichtsan-
stalten ein Abgangsexamen angestellt. Die
ses geschieht unter der Controle einiger
von dem Könige verordneter Censoren,
welche gewöhnlich Universitätslehrer sind.
Das Examen ist theils schriftlich und theils
mündlich. Das schriftliche geht dem münd
lichen voran und wird an den gleichen
Tagen bei den sämmtlichen Unterrichts
anstalten angestellt. Für die Zöglinge in
der klassischen Linie bestehen die schrift
lichen Proben in folgenden: 1) einem schwe
dischen Aufsatz, 2) einer Uebersetzung aus
dem Schwedischen ins Lateinische, 3) ei
ner Uebersetzung in das Französische oder
Deutsche und 4) Auflösung zweier geome
trischen und zweier algebraischen Probleme.
— Die Zöglinge in der Reallinie sollen
folgende schriftlichen Proben ablegen: 1)
einen schwedischen Aufsatz, 2) eine Ueber
setzung in das Französische und eine in
das Deutsche oder anstatt einer derselben
nach der freien Wahl des Zöglinges eine
Uebersetzung in das Englische; 3) Auflö
sung zweier algebraischen und zweier ana
lytischen Probleme sowie eines solchen von
mechanischem oder analytischem Inhalt. Die
erfoderlichen Themata, Probleme und die
schwedischen Texte zu den Uebersetzungen
werden den Rectoren von dem Cultus-
Departement zugeschickt. Das niündliche
Examen umfasst die Lehrgegenstände in
der höchsten Klasse der Lehranstalt mit
Ausnahme der Muttersprache, in welcher
nur eine schriftliche Probe vorkommt. Wird
der Zögling in dem Examen approbirt, so
wird er für »reif» erklärt und erhält ein
Zeugniss sowohl über seine Kenntnisse in
den einzelnen Unterrichtsgegenständen als
auch über den allgemeinen Grad der Reife,
in dessen Besitz er befunden sein kann.
Ein gut bestandenes Abgangsexamen be
rechtigt hei der Universität zum Eintritt.
Von den 667 Zöglingen (wovon 543
den Unterrichtsanstalten des Staates zuge
hörten), mit denen im Frühlingstermine
1872 Abgangsexamen angcstellt wurde, be
standen 577 in dem schriftlichen, und von
diesen 544 in dem mündlichen Examen;
es wurden also in ersterem 90 und in letz
terem 33 (davon resp. 36 und 19 Zöglinge
der Staats-Unterrichtsanstalten) zurückge
wiesen. Unter diesen Zurückgewiesenen
sind mitgerechnet in ersterem Falle 5 und
in letzterem 7, die wegen Krankheit oder
einer andern Ursache sich nicht bei dem
Examen einfanden.
Direction der Unterrichtsanstalten. Bei
jeder solchen Unterrichtsanstalt soll ein