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Volltext: Schweden : Weltausstellung 1873 in Wien

ANHANG. WEIBLICHE ARBEITEN. 
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zösische und englische Sprache. Der Unter 
richt ist beinahe abgabenfrei, da die Ab 
gabe nur 50 Öre im Monate beträgt, wozu 
für Sprachen noch 50 Öre wöchentlich für 
drei Stunden hinzukommen. Diese Schule 
wird fleissig besucht und zählt in diesem 
Jahre (1873) 791 weibliche Zöglinge. 
8. Das Königl. Gymnastische Central- 
Institut, in welchem weibliche Zöglinge zu 
Gynmastiklehrerinnen ausgebildet werden. 
Lehrgegenstäiide sind: a) theoretische: Ana 
tomie, Physiologie und Gesundheitslehre, Be 
wegungslehre, Krankheitslehre, Grundsätze 
der Gymnastik für Gesunde und Kranke; 
b) praktische Uebungen in der pädagogi 
schen Gymnastik nebst Uebung Andern 
Unterricht darin zu ertheilen, in der medi 
zinischen Gymnastik und Anwendung der 
selben bei Kranken. I. J. 1820 wurde zum 
ersten mal eine Gymnastiklehrerin ange 
nommen. Wegen mangelhafter Angaben 
kann die Totalanzahl ausexaminirter Gym 
nastiklehrerinnen nicht mitgetheilt werden. 
Seit 1864 beträgt dieselbe aber 56. In 
diesem Jahre (1873) werden dort 8 weib 
liche- Zöglinge unterrichtet. An dem Insti 
tute sind 3 Lehrerinnen angestellt. Der 
Unterricht ist abgabenfrei. 
9. Unterrichtsanstalten für Hebammen. 
Solche sind vorhanden in Stockholm, Göte 
borg und Lund, wo abgabenfreier Unter 
richt ertheilt wird in der Entbindungskunst 
im Allgemeinen und mit Instrumenten (auch 
mit scharfen), Schröpfen, Yacciniren, Ader 
lässen u. a. m. sowie in der Wartung und 
Pflege kleiner Kinder. Der Cursus ist ein 
jährig mit einiger Zeitverlängerung für die 
jenigen Zöglinge, welche die Erlaubniss 
wünschen, Instrumente an wenden zu dürfen, 
was immer allgemeiner gewünscht wird, weil 
die Hebammen, welche auf diese Weise 
gebildet sind, eines grösseren Vertrauens ge 
messen. Eine solche Erlaubniss wurde nicht 
ohne Widerstand und Misstrauen ausge 
wirkt; jetzt aber ist alles Vorurtheil dagegen 
in solchem Grade überwunden, dass nur in 
sehr schwierigen Fällen Ärzte zu Hülfe ge 
rufen werden. Seit dem Jahre 1829, da den 
Hebammen die Erlaubniss ertheilt wurde, 
unter gewissen Bedingungen Instrumental- 
Entbindungen zu verrichten, ist auch über 
keine derselben Klage erhoben worden we 
gen eines Fehlgriffes oder wegen Nachlässig 
keit in der Ausübung dieses Theiles ihres 
Gewerbes *). Den besten Beweis hiervon 
liefern folgende Zahlenangaben: i. J. 1860 
wurden von Hebammen 205 Entbindungen 
mit Instrumenten verrichtet, davon 189 mit 
stumpfen und 16 mit scharfen Instrumen 
ten. Von den Gebärerinnen genasen 200 
und starben 5; von den Kindern lebten 149. 
1. J. 1869 wurden von Hebammen 362 
Instrumental-Entbindungen verrichtet, davon 
341 mit stumpfen, 21 mit scharfen Instru 
menten; von den Müttern genasen 347 und 
starben 15; von den Kindern wurden 270 
lebendig geboren. In Stockholm haben die 
Hebammen schon etwa 200 Jahre Unter 
richt in ihrem Gewerbe genossen; i. .1. 1760 
scheint die Lehranstalt systematisch geord 
net worden zu sein: 52 Zöglinge sind jähr 
lich angenommen worden, und von diesen 
erhalten 12 freie Wohnung und Kost. In 
Lund datirt sich der Unterrichtscursus 
vom Anfang unsers Jahrhunderts, und die 
Zahl der dortigen Zöglinge ist 15. In 
Göteborg geschah der Anfang damit i. J. 
1856 und die Zahl der Zöglinge ist jetzt 
37. In diesem Augenblicke giebt es in 
Schweden 1,850 prakticirende Hebammen, 
wovon 145 in Stockholm. 
10. Seminarien zur Bildung von Leh 
rerinnen für die Volksschide, eines in Stock 
holm, gestiftet 1866, mit 113 Zöglingen, 
und eines in Skara von früherem Datum mit 
78 Zöglingen. Der Unterricht ist abgaben 
frei und umfasst: Religion, schwedische 
Sprache, Rechenkunst, Geometrie, Ge 
schichte, Geographie, Naturkunde, Pädagogik 
und Methodik, Musik, Schönschreiben,Linear 
zeichnen, Gymnastik, Gartenbau, Schwimmen. 
11. Volksschulen, überall zerstreut so 
wohl in den Städten als auch auf dem 
') Ein finnischer Arzt, welcher über das geringe 
Procent der Sterblichkeit unter den schwe 
dischen Gebärerinnen in Vergleich mit den 
finnischen redet, spricht sich hierüber folgen- 
dermassen aus: »Ich meines Tlieils kenne mir 
eine annehmbare Hauptursache, und diese liegt 
in Schwedens gut organisirtem und vor allen 
andern Ländern ausgezeichnetem Hebammen 
wesen. Die Volksbildung in Schweden stellt 
schon die Hebamme hoch, aber vor den 
Hebammen der ganzen Welt hat sie ausser 
dem den ausserordentlichen Vorzug, dass sie 
in der Anwendung der Entbindungsinstru 
mente unterrichtet und zu derselben berech 
tigt ist.» Vgl. Pippingsköld: Nägra iakt- 
tagelser och rön i Obstetrik (d. i. Einige Be 
obachtungen und Versuche in der Obstetrik). 
Helsingfors 1871.
	        
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