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ANHANG. WEIBLICHE ARBEITEN.
druekereien haben weibliche Vorsteher und
Factoren und alle dort vorkommenden
Arbeiten werden ausschliesslich von Frauen
zimmern besorgt 1 ). In einer Menge von
Gewerben, als Kleidermacherei, Kürschne
rei, Schuhmacherei, Uhrmacherei,Klempnerei,
Brauerei, Bäckerei, Kammmacherei, Porzel-
lanfabrication u. a. m. werden ausserdem
verschiedene Theile der Arbeit von Frauen
besorgt. Bei den beiden Porzellanfabriken
Gustafsberg und Rörstraud sind 329 Frauen
zimmer angestellt, von denen mehre mit
Modelliren und Emailmalen beschäftigt wer
den. Als Gewerbe, welche ausschliesslich
von Frauenzimmern betrieben werden, sind
zu nennen: alle Art von Leinen- und Da-
men-Kleider-,' Schnürleib- und Bandagen-
Nätherei, Blumenanfertigung, Spitzenklöp
peln, Stricken, Häkeln, Filetarbeit, Sticken;
ausserdem gehören ihnen die sämmtliehen
Putz-Arbeiten, sowie auch das Coiffiren der
Damen ausschliesslich von weiblichen Hän
den besorgt wird. Viele kleinere Gärten
werden von Bäuerinnen aus einer von unsern
nördlicheren Landschaften, Dalarne, in Stand
erhalten.
In dem Reinschreibungs-Bureau, wel
ches 1864 auf Veranstaltung der Redaction
der Zeitschrift für die Familie eröffnet wur
de, finden viele Frauenzimmer durch Rein
schreiben und Uebersetzen eine ziemlich
einträgliche Beschäftigung.
Für solche Produkte der kleineren weib
lichen Industrie, welche auf keine andere
Weise auf den Markt kommen, wurde 1870
in Stockholm ein Verkaufslokal unter der
Benennung "Bienenkorb" (Bikupan) einge
richtet, in welchem der Umsatz lebhaft und
im Steigen gewesen ist.
Nicht allein in der Hauptstadt, sondern
auch in den meisten Provinzstädten giebt
es Frauen-Vereine, welche den Frauen der
ärmsten Klassen durch Austheilung von
Spinnen, Stricken und Nähen Arbeitsver
dienst zu bereiten suchen.
Viele anderen wohlthätigen Vereine und
Stiftungen sind ausserdem von Frauen ge
gründet worden, um Nothleidende zu un
terstützen. So bestehen z. B. in Stockholm
ein allgemeiner Schutzverein, dessen Stif
terin und Wortführerin die jetzige Königin ist,
Gesellschaften zur Beförderung des Arbeits-
') Bei den Bnclidruckereien sind im Ganzen 67
Frauenzimmer angestellt.
fleisses, zur Aufmunterung der Arbeitsam
keit, die Direction des Fonds Lotten Wenn-
berg’s 2 ) für Hülfsbedürftige, in welchen
allen die Königin-Wittwe Wortführerin ist,
Freundinnen armer Kinder, deren Beschü
tzerin die Prinzessin Eugenia ist, u. a. m.
Der Grundgedanke zu dem vaterländischen
Verein ging von der verstorbenen Königin
Louise aus, welche durch denselben die ar
beitende Klasse bewegen zu können wün
schte, bei Zeiten durch jährliche kleine
Einsätze in Renten- und Kapital-Anstalten
sich selbst für das Alter ein Kapital zu
sammeln. Unter den Wohlthätigkeitsan-
stalten verdienen Erwähnung: die Pflege
anstalt der Kronprinzessin Louise für
kranke Kinder ''), gestiftet 1854 und im
Stande 55 bis 60 Patienten aufzuneh-
men ; das Heim für freigegebene weibliche
Personen, welches i. J. 1860 von der jetzi
gen Königin in der Absicht gestiftet wur
de, für Verbrechen gestrafte weibliche Per
sonen vor Rückfall zu schützen (aus die
ser Anstalt sind auch 80 solche abgegan
gen, nachdem Dienste oder eine andere
angemessene Beschäftigung für dieselben an
geschafft worden waren); das Asyl für
Pauvres Honteuses, gestiftet 1862 von der
Gräfin v. Schwerin und dotirt von Fredri-
ka Bremer, in welchem 41 Frauen aus den
gebildeten Klassen eine Wohnung und eine
stille Freistätte haben ; die stille Schule für
Taubstumme, gegründet 1861 und auf ge
wachsen aus einem geringen Samenkorne
gleich dem 1866 gegründeten Idiotenheim
in Sköfde, welche beide unbemittelten und
anspruchslosen Frauen ihr Entstehen ver
danken, jetzt aber eine nicht unbedeutende
Erweiterung erhalten haben. Uebrigens
sind über das ganze Land Vereine verbrei-
2 ) Dieser Fond wurde von der verstorbenen Kö
nigin Louise gestiftet zum Andenken der
segensreichen Thätigkeit, welche Demoiselle
Lotten Wennberg (geb. 1815, gest. 1864) eine
lange Reihe von Jahren unter den Armen
der Hauptstadt ausgeübt hatte.
3 ) Das erste Kapital zu diesem Krankenhause
kam von einem Testamente des verstorbenen
D:r Elmstedt. Die Executoren des Testamen
tes suchten und fanden zu der Verwirklichung
des Unternehmens Schutz und Beistand bei
der damaligen Kronprinzessin, nachherigen
Königin Louise; auch wurde ein Aufruf an
die Frauen der Hauptstadt erlassen mit dem
glücklichen Erfolge, dass der entworfene
Plan bald genug in Ausführung kommen
konnte.