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ANHANG.
tet, welche durch das Bedürfniss und die
Menschenliebe ins Dasein gerufen sind; die
hier erwähnten dürften aber doch die an-
merkenswerthesten sein.
Die Hausindustrie, welche von den Bäue
rinnen vorzugsweise betrieben wird, besteht
in Spinnen und Weben zum Hausbedarf.
In verschiedenen Landestheilen, z. B. in
Angermanland im nördlichen Schweden, wo
der Flachsbau mit Erfolg betrieben wird,
haben diese Arbeiten gleichwohl eine be
deutende Ausdehnung erhalten, und die
dort mit der Hand znbereitete Leinwand
bildet in dem Reiche einen wesentlichen
Handelsartikel. Wenn diese auch durch
Gleichmässigkeit und Farbe von den aus
ländischen Fabriksgeweben übertroffen wer
den, so hält man sie doch wegen ihrer
Zubereitungsart für überlegen an Stärke
und Dauerhaftigkeit. Von einem Theile im
mittleren Schweden, Wingäker in Söder-
manland, kommen Garn und Gewebe von
ungefärbter Wolle in nicht unbedeutenden
Quantitäten auf den einheimischen Markt,
und die Bäuerinnen aus dieser Gegend
wandern im Lande umher, um ihre Waa-
ren auszubieten. In einer andern Provinz,
Westergötland, werden dagegen weisse und
farbige baumwollene sowie halbwollene
Kleiderzeuge von den Landleuten zu Hause
angefertigt, und diese Industrie hat eine recht
grosse Ausdehnung. Arbeitsuntemehmer,
grösstentheils wohlhabende Bauern, liefern
Arbeitsmaterialien, bezahlen einen unbedeu
tenden Arbeitslohn und schicken darauf diese
Waaren aus über das ganze Reich, sowie
auch nach Norwegen, wo sie guten Absatz
finden (vgl. Gr. 21).
Auch Stricken gehört zu der allgemei
nen Hausindustrie, und die Bäuerinnen der
Westküste fertigen damit warme und starke
wollene Jacken an für die seefahrenden
Männer. In verschiedenen Gegenden trifft
man auch recht künstlich gearbeitete und
ausgezierte gestrickte Handschuhe, welche
von den Landleuten benutzt werden.
Eine andere für unser Land ungewöhn
lichere Beschäftigung ist das Spitzenklöp
peln, welches in der Landschaft Ostergot
land im mittleren Schweden vorkommt.
Wahrscheinlich stammt es aus der Zeit, da
das Nonnenkloster in Wadstena im Norden
weit berühmt war und die dortigen Non
nen sich mit dem Klöppeln beschäftigten,
denn es wird hauptsächlich in dem er-
Schiveden.
LICHE ARBEITEN. 209
wähnten Städtchen und in der Umgegend
von den Frauen der unteren Klassen be
trieben. Da diese Beschäftigung lange sich
selbst überlassen gewesen ist, und Produkte
derselben nur von umherwandernden Ver
käuferinnen abgesetzt worden sind, so war
sie allmählich gesunken sowohl was die
Qualität als auch was die Muster betrifft.
Die Königin Louise, die Gemahlin des Kö
nigs Carl XV, suchte diesen Industriezweig
dadurch zu heben, dass sie vom Auslande
neue Muster und gutes Garn anschaffen
und unter die Arbeiterinnen austheilen liess.
Dass diese und andere Bemühungen in glei
cher Richtung nicht ganz fruchtlos gewesen
sind, beweisen die schönen Proben von
Spitzenarbeiten, die man bisweilen von Wad-
stena erhält. Leider wird jedoch die Spi-
tzen-Industrie fortwährend ziemlich planlos
betrieben, indem die Arbeiterinnen sich an
dem einen Tage mit dem Klöppeln und an
dem andern mit ländlichen Arbeiten be
schäftigen, daher auch selten grössere Be
stellungen ausgeführt werden können.
Auch in einer andern Landschaft, in
dem nördlicher belegenen Dalarne, gehört
die Spitzenklöppelei zu der Hausindustrie
der Landbewohner, wenn auch hier von
einer Art, die von der eben angeführten
ganz abweicht. Dieselbe wird aber nur für
das eigene Bedürfniss der Bewohner betrie
ben und auch in keinem grösseren Masssta-
be, als solche Arbeit zu ihrer Nationaltracht
angewendet wird, welche hier seit Jahrhun
derten unverändert geblieben ist. In den we
nigen Provinzen, wo dergleichen Trachten
noch in Gebrauch sind, zeichnet sich auch
die Hausindustrie durch eine grössere Ab
wechselung aus und zeugt von einem entwi
ckelteren Schönheitssinne der Arbeiterinnen.
Es ist von sehr grossem Interesse, die eigen
tümlichen, sorgfältig ausgeführten Sticke
reien und die kunstreichen, geschmackvol
len Gewebe zu betrachten, welche von ein
fachen, an Mangel und Entbehrungen ge
wöhnten Naturkindern, die von der einen
Generation zu der andern sowohl ihre Fer
tigkeit als auch ihre Muster von den Vor
fahren geerbt haben, mit höchst unvollkom
menen Werkzeugen angefertigt werden.
Bisweilen bringen sie auch originelle und
sinnreiche Zusätze und Verbesserungen von
eigener Erfindung an.
Eine solche von der frühesten Kindheit
an eingeübte Arbeitsgeschicklichkeit ist auch
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