probe verrät gleich das
Beste des Bestandes. Und
Überraschungen und Stei-
gerungen gibt es in dieser
rückschauenden Revue
nicht. Eine Ergänzung zu
der durch die Fülle der
Gesichte sehr viel anre-
genderen, neulebendig wir-
kenden jahrhundertaus-
stellung bietet sie, die
der Chronist mit histo-
risch-sachlichern Interesse
durchwandelt, ohne im
Gefühl tiefer ergriffen zu
werden. Die Eindrücke
werden dadurch etwas
nuancierter, daß ein freies
unsystematisches Hängen
gewaltet hat. Auf Schul-
und Richtungsgruppieren
ward verzichtet und die
malerisch wirkende Bild-
Ausstellung der Wiener Kunstgewerbeschule. Kissen, gelbe Seide, Silber- wand alsHauptmaßstab für
schnüre und Flachstickerei, von Leopoldine Kolbe (Moser-Schule) dle Anordnung genommen
So ergibt sich das vielsei-
tige Schauspiel mannigfacher Temperamente. Die venezianischen Schaustücke und Aus-
stellungsdekorationen vom alten Becker in ihrer kalten Pracht trifft man hier so gut wie
frühe Bilder Max Liebermanns. Seine Schweinefütterung hängt sogar neben der auf so
ganz anderes Wild pürschenden Falkenjägerin Makarts, einer etwas verblaßten Kostüm-
figurine aus verschollenen Künstlerfesten. Und als dritter im Bunde gesellt sich nachbarlich
dazu ein Andreas Achenbach: der Weidenbach.
Dies friedliche Beieinander, dies im Zeitenschoß Ruhende, Historisch-Gewordene
menschlicher Arbeit um die Kunst, die jedem ein anderes Gesicht zeigt, hat einen gewissen
Reiz. Und nachdenklich stimmt es dazu, wenn man bei manchem gefeiertenLiebling der Ver-
gangenheit das „Gesetz der Umwandlung", um ein lbsen-Wort zu gebrauchen, spüren muß.
Der Farbenrausch Makarts zumBeispiel istmatt geworden; etwas Traurig-Erloschenes, gleich
fahlerDämmerung nach einenBacchanal,haben die einst so bewundertenPhantasien. Kulturell,
als Reflex einer glänzenden Epoche, behalten sie natürlich dokumentarischen Wert. Dafür
ist von den hier ausgestellten Bildern Makarts besonders charakteristisch i weil es im
Stoff der Darstellung und in der Persönlichkeit Geschmack und Neigung der Zeit aus-
spricht - das Porträt Charlotte Wolters als Messalina in Wilbrandts Stück, in seiner
Komposition aus Bühnenoptik, Frauenkörper, Rosen, Fellen und Seide.
Von Werken der lebenden Künstler, die ganz andere Wege gehen, ist hier außerjenem
Liebermann-Bild das große Gemälde des Präsidenten des Künstlerbundes, also des ent-
gegengesetzten Heerlagers, zu nennen, des Grafen Kalckreuth „Dachauer Leichenzug". Ein
bäuerliches Begängnis irn Regen, eine bunte Schirmprozession hinter dem von schweren
Ackergäulen gezogenen Karren mit dem Sarg, ein stark und echt aufgefaßtes Stück
Alltagstragik.
Vertreten sind natürlich hier auch die Führenden der jahrhundertausstellung, meist
mit Bildern aus Privatbesitz, die nicht allgemein zugänglich sind und die so in der Tat eine
willkommene Ergänzung bilden.
Lenbach miti
einem Bismarck,
Böcklinmitdembe-
wegten Brücken-
kampf, mehrere
Feuerbachs, dar-
unter der schöne
Nana-Kopf, Tho-
ma, Uhde und vor
allem Menzel mit
der altb erlinischen
Chodowiecki-Lein-
wand und dem
noch nicht lange
bekannten Bilde
"Falke auf Taube
stoßend". Ein Fu-
rioso von zucken-
dem Rhythmus ist
das: im blauen
Luftrneer das
braune Gewitter,
elementar, zerstö-
rend, hernieder-
fahrend auf die
weiße Taube.
Gabriel Max
erscheint mit den
beiden Spielarten
seiner Kunst, dem
visionären Som-
nambulismus in
der bleichen _]ulia
und seinen philo-
sophischen Tier-
humoren in der
Affenkonferenz,
die als Anatomen '
sich um einen
Menschenschädel
grüblerisch scha-
ren. Buchholz, der
2
i
i i
xi
ixr
n:
In:
In
-O
an
an
Ausstellung der Wiener Kunstgewerbeschule. Gewebie Decke von Hugo Zoveni
(Moser-Schule)
Verkannte, nun in jedem Jahr gleich einem Gespenst der mitternächtlichen I-Ieerschau aus
der Vergessenheit Beschworene und mit der posthumen Mention honorable Bedachte
darf nicht fehlen. U
lung durch Skizzen
nd ein Künster, der Galilei-l-Iausmann, der in der jahrhundertausstel-
von fabelhafter Farbenenergie, von leidenschaftlichem koloristischen
Temperament - den Kardinälen, einer Studie in Rot, den brandig-lederfarbenen Galeeren-
sklaven, dem Strandlager mit buntschildrigen Flächen -- so frappiert hatte, kommt hier
in Gegensatz mit
der konventionell als Theaterszene gestellten Galilei-Verhandlung.
Daneben hatte diese Ausstellung natürlich die begreifliche Absicht, diejenigen Maler
vorzuführen, für die in der jahrhundertausstellung weniger gesorgt ist. So wurde die
Genremalerei des vorigen jahrhunderts sehr mannigfaltig hier aufgebaut. Von ihrer feinsten