GE. II.
LANDWIRTSCHAFT', FORSTWIRTSCHAFT UND GARTENBAU. FISCHEREIWESEN. 53
Gartenbau und Kulturpflanzen. 1 )
Der Gartenbau in Schweden hat keine
alten Ahnen, und aus der älteren Geschichte
können wir über ihn nur sehr sparsame
Nachrichten schöpfen. Wahrscheinlich nahm
er erst im Mittelalter- seinen Anfang und
wurde von den Mönchen ins Leben geru
fen, durch deren Fürsorge verschiedene Ar
ten von Küchen- und Arzenei-Gewächsen
bei uns in den Gebrauch kamen und seit
dieser Zeit im Lande vielfach verwildert
sind. Es war indessen erst in der letzte
ren Hälfte des 16 und noch mehr im 17
Jahrhundert, als die grösseren Edelsitze
nach der näheren Berührung mit dem Aus
lande entstanden, und nachdem man den
Geschmack desselben kennen gelernt und
seiner Eeichthümer theilhaftig geworden war,
dass fremde Kulturpflanzen in grösserer
Menge bei uns eingeführt wurden.
In der Mitte und zu Ende des 18 Jahr
hunderts, als der Ackerbau und die Indu
strie einen so plötzlichen und kräftig gross
artigen Aufschwung in Schweden nahmen,
begann man verschiedene landwirtschaftli
che Pflanzen in grösserem Massstabe zu
bauen, Gärten in dem kostbaren und vor
nehm steifen französischen Geschmacke an
zulegen, und es entstand eine, Gartenliteratur,
die deutlich beweist, welches aufrichtige
Interesse man nun diesem Theile des soigfäl-
tigen Anbaues der Erde zuzuwenden anfing.
Aber erst in diesem Jahrhunderte hat
die Hortikultur gleichen Schritt mit dem
immer mehr sich entwickelnden Ackerbaue
zu halten gesucht, nnd zieht man nicht al
lein die Aufopferungen, welche Privatleute
in dieser Beziehung gemacht, sondern auch
die Bereitwilligkeit und Freigebigkeit, wo
mit der Staat dieselbe vielfach ermuntert
und unterstützt hat, in Betracht, so erscheint
die Behauptung keinesweges vermessen, dass,
wenn diese Gewerbe hier auch nicht in
dem Massstabe getrieben wird,' um gleich
verschiedenen Orten in anderen Staaten ei
ne reiche Erwerbsquelle zu bilden, sie doch
in nicht geringem Grade zum National
wohlstande beiträgt und hier gleichwie an
derswo dazu dient, das äussere Leben zu
verschönern und zu verfeinern. Auch hö
her gegen Norden hinauf ist der Garten
bau rasch vorgedrungen und hat Grenzen
I) Mitgetheilt von dem Professor D:r N. J. An-
dersson.
überschritten, die man früher für Kultur
und Civilisation für unübersteiglich hielt.
Die öffentlichen Anstalten, welche wir
für Hortikultur besitzen, sind folgende:
1. Die königliche Akademie der Land
wirtschaft, die hat eine Abtheilung für
Gartenbau und besitzt auf ihrer Besi
tzung, dem Experimentalfelde, einen gro
ssen Platz, wo eine ansehnliche Menge Obst
bäume, Parkbäume und Ziersträuche gezo
gen und Versuche mit der Acclimatisation
und Nutzbarmachung dieser, unserer Kü
chengewächse und verschiedener Zierpflan
zen gemacht werden.
2. Botanische Gärten haben wir zwei,
nämlich einen in Uppsala unter 59° 51V
von bedeutendem Umfange, mit ausgedehnten
Anlagen und geräumigen Treibhäusern, die
theils ältere klassische Exemplare aus der
Zeit Linne’s, theils viel Neues aus fernen
Ländern enthalten, und einen in Lund un
ter 55° 42', der vor einigen Jahren neu
angelegt und mit Gebäuden und Hülfsmit-
teln, wie es die Gegenwart erfordert, ver
sehen wurde, sodass man von diesem Gar
ten wohl sagen kann, er ist einer der für
den akademischen Unterricht zweckmässig-
steti, die es giebt, und zugleich eine wirk
liche Zierde für die Stadt und Provinz, in
denen er liegt.
3. Unter Aufsicht der Akademie der
Landwirthschaft stehen die beiden land
wirtschaftlichen Institute des Beiches, das
eine in Ultuna bei Uppsala und das andere
in Alnarp bei Lund in Skäne, sowie auch
die 27 landwirthschaftliche Schulen, von
denen wenigstens eine in jeder Provinz
liegt. In ihren grösseren oder kleineren
Gartenanlagen wird eine grosse Anzahl
Schüler (im Jahre 1871 nicht weniger als
529) jährlich auch im Gartenbau unter
richtet.
Besondere Unterrichtsanstalten hierin
sind noch: die Bergius'sche Garten-Lehr
anstalt, unter Aufsicht der königlichen Aka
demie der Wissenschaften gestellt und schon
1784 von dem berühmten Naturforscher
P. J. Bergius vorzugsweise für den land-
wirthschaftlichen Pflanzen- und Gartenbau
angelegt, und seit 1832 die Gärtner-
Lehranstalt des schwedischen Gartenbau-
Vereins, wo gegenwärtig zwischen 20 und
30 Schüler einen zweijährigen Cursus in
allen Zweigen der Hortikultur durchma
chen. Ausserdem wird eine bedeutende