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GR. HI. CHEMISCHE INDUSTRIE.
Ferner hat man in neueren Zeiten an
gefangen, die Abfälle bei verschiedenen
Fabriken, wie bei den Zuckerfabriken, Gas
werken, Seifensiedereien u. a. ni. zu sam
meln und für den Landbau zu verwenden.
Einer besonderen Erwähnung verdient
es, dass man in den letzten Jahren auch
in Schweden angefangen hat sog. Fisch
guano zu bereiten, welcher an Güte und
Werth mit dem bekannten norwegischen
wetteifert. In Bohuslän oder in Schwedens
westlichen Skären hat man angefangen
Fischgrätenmehl zu bereiten; auch dieses
hat die Aufmerksamkeit sehr auf sich ge
zogen und schon begonnen mit Erfolg in
der Landwirthschaft angewendet zu werden.
Auf der grossen Insel Oroust in Bohuslän
ist bereits eine kleinere Fabrike in Thätig-
keit, und man hofft, in den nächsten um
liegenden Gegenden Rohstoff zur Bereitung
von jährlich 10—15,000 Ctn Fischgräten
mehl der besten Sorte erhalten zu können.
Endlich hat man in den Lappmarken
Norrlands begonnen Renthiergeweihe einzu
sammeln und den Versuch gemacht, diese
eben so zu behandeln wie Thierknochen.
Daraus hat man Düngemittel von ausge
zeichneter Beschaffenheit erhalten, die dem
gewöhnlichen Knochenmehl ähnlich sind.
Die Einfuhr von Guano und anderen
nicht specificirten Düngestoffen umfasste i.
J. 1871: 243,200 Ctn.
Fett-Industrie und Frodnkte der tro
ckenen Destillation. Die Fett-Industrie
wird sehr stark ausgeübt. Man zählte z.
B. 1871 eine grössere Ulschlägerei in
Stockholm, eine ähnliche bei Göteborg und
nicht weniger als 33 solcher an andern
Orten im Lande, in denen man hauptsäch
lich Lein- und Rübenöl nebst Ölkuchen
bereitete. Der Fabrikationswerth der beiden
ersterwähnten Fabriken beträgt zusammen
über 1 Milk R:dr und in allen übrigen Fa
briken nahe eben so viel. — Bei 10 Sei
fenfabriken ist die Fabrikation angegeben
auf 8,352,680 ft schwarzer und 780,440 ft
nebst 326,780 Stücken weisser Seife. In 3
Stearin-Lichtfabriken in und bei Stookholm
wurden 1,255,000 fE Lichte zubereitet. —
Die Bereitung von Talglichten geschieht
auf dem Lande in den meisten Häusern zu
eigenem Bedarf, ist aber auch Gegenstand
der Fabriksthätigkeit von jährlich etwa f
ä 1 Milk ft'.
Die znr Fett-Industrie erforderlichen
Rohstoffe producirt das Land nicht in der
nöthigen Menge, und es werden jähr
lich 3—4 Millionen ft Baum-, Hanf- und
andere Öle, 30—40,000 Ctn Talg (von Nord-
Amerika und Russland), sowie nicht unbe
deutende Quantitäten Lein- und Hanfsamen
u. dgl. eingeführt. -
In den letzten Jahren hat die Verwen
dung von Mineral-Ölen als Leuchtmaterial
grosse Verbreitung gefunden theils als Pho
togen und theils als Benzin, welcher letztere
unter der Benennung »Gasöl» angewendet
wird, theils zur Strassenbeleuchtung in den
entfernten Stadttheilen der grösseren Städte,
in denen man die Leitung der Gasröhren
bis dorthin noch nicht vortheilhaft befun
den hat, theils auch in kleineren Städten
und grösseren Etablissements ganz selbstän
dig. Auch wird solches Gasöl vielleicht in
noch grösserer Menge in kleinen sog. Spar
lampen in der privaten Haushaltung benutzt.
Die grosse Wichtigkeit, welche diese Öle in
der neueren Zeit erlangt haben, hat auch
mehre grossartige Versuche ins Leben ge
rufen, solche in den silurischen Formatio
nen des Landes zu erhalten; jetzt aber sind
dieselben ins Stocken gerathen, nachdem
man zu der Gewissheit gelangt ist, dass
hier keine eigentlichen Ölquellen zu finden
sein dürften. Die Einfuhr der fossilen Öle,
von denen der grösste Theil direct von
Nord-Amerika geholt wird, betrug i. J.
1866 nicht ganz 4 Milk ft, war aber im
folgenden Jahre doppelt so gross und stieg
1871 auf beinahe 12 Milk ft. Ein gerin
ger Theil davon wird in einigen einheimi
schen Fabriken rectificirt.
Aufmerksamkeit verdient die schnelle
Zunahme der Fabrikation von Holzölen,
Terpentin, Perma, Holzspiritus, Holzessig,
Theer u. a. Produkten in der letzten Zeit.
Als Rohstoff werden hierzu die Stümpfe
und Wurzeln in abgetriebenen Waldgegen
den verwendet. Man bereitet hierbei durch
Destillation in geschlossenen Retorten u. a.
ein Öl, welches wie Photogen als Leucht
stoff in Lampen angewendet werden kann.
Dergleichen Fabriken beginnen jetzt überall
in den schwedischen Waldgegenden ange
legt zu werden. Unter den verschiedenen
Verfahrungsarten bei dieser Fabrikation mag
die Anwendung von übererhitztem Dampf
bei der Bewerkstelligung der Destillation
erwähnt werden wie in der Holzölfabrik