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GR. VI. LEDER- UND KAUTSCHUK-INDUSTRIE.
von 1 Mill. R:dr. Die Einführung des Frei-
handelssystemes wurde als ein Todesstoss
für diesen Industriezweig betrachtet, hatte
aber keine anderen Folgen, als dass die
kleineren Fabriken in den grösseren auf
gingen und die Zahl der Arbeiter beinahe
unverändert dieselbe blieb. In diesem Au
genblicke existiren nur 2 Seidenfabriken von
einiger Wichtigkeit (beide in Stockholm),
von denen jede beinahe 300 Arbeiter be
schäftigt. Der Werth des jährlichen Fabrikats
beträgt zusammen etwa liMill. R:dr. Die un
bedeutende Seidenkultur in Schweden kann
der Fabrikation keinen Rohstoff gewähren.
Die Einfuhr von roher, ungefärbter Seide
1871 war 27,129 ft und von gefärbter oder
gezwirnter Waare 13,698 ft, sowie von sei
denen und halbseidenen Geweben 101,023 11.
Die schwedische Seidenfabrikation hat im
mer die gute Qualität zu ihrem Haupt
zwecke gehabt, und das treue Festhalten
dieses Princips, wodurch es ihr gelungen
ist einen berechtigten Ruf zu gewinnen und
beizubehalten, nebst dem fortdauernden Ab
satz in Schweden und den nächsten Nach
barländern, erklärt vielleicht am besten die
Erscheinung, des sekellangen Lebens einer
südländischen Industrie unter einem so ho
hen Breitengrade.
Von andern zur Textil- und Beklei
dungs-Industrie gehörenden Artikeln, als
Posamentierarbeiten, Gold- und Silberge-
spinnste, gestickte Arbeiten, Spitzen, ge
wirkte Waaren, Kleider, Hüte, Schuhe, Hand
schuhe, Tapezierarbeiten, künstliche Blumen
u. dgl. in., sind keine von hervorragender
Wichtigkeit, obgleich sie alle zubereitet wer
den theils in mehren kleineren Fabriken,
theils als Handwerks- und theils als Haus
industrie. Es giebt 2,509 Schneidermeister
mit 2,800 Arbeitern und 3,000 Schumacher
mit 3,000 Gehüllen.
Als Ueberbleibsel von der alten Kloster
zeit lebt bei Vadstena in Östergötland eine
hervorstehendere Kunstfertigkeit in der Spi
tzenklöppelei.
Handschuhe werden besonders in eini
gen Fabriken in Skane angefertigt und sind
daher oft bekannt unter der Benennung
’Schonenske Handschuhe”, haben auch so
wohl in dem Lande als ausser demselben
Anerkennung gefunden. Eine Sorte dersel
ben von ungefärbtem Leder, die "Klippings-
Handschuhe”, sind die sog. gants de Suede.
Gruppe VI.
Leder- und Kautschuk-Industrie.
I. J. 1871 gab es in Schweden 686
grössere und kleinere Lederfabriken, wovon
200 in den Städten und Flecken und die
übrigen auf dem Lande belegen waren, und
in denen 1,700 Arbeiter beschäftigt wur
den. Ausserdem gab es noch 267 Gerber
mit 520 Gehülfen, welche die Gerberei als
Handwerk betrieben. Die Zubereitung, wel
che in steter Zunahme begriffen ist, um
fasste 1871 bei den Fabriken über 3 Mill.
ft Sohlen- und Schmierleder und über i
Mill. Stück Häute und Felle mit einem
Gesammtwerthe von 5,630,000 R:dr. Die
Gerberei wird bewerkstelligt theils an solchen
Häuten, die sowohl in als ausser dem Lan
de eingekauft sind, theils an den Häuten
und Fellen, welche von den Landleuten
und anderen Ackerbauern an die Gerber
zur Zubereitung abgegeben werden. Das
Land producirt den Rohstoff für die Leder
bereitung nicht in hinreichender Menge,
wesshalb davon eine bedeutende Einfuhr
besonders von Südamerikanischen und Ost
indischen Häuten stattfindet. Die Einfuhr
1871 betrug 9,034,000 ’S Häute und Felle,
wovon 722,000 S zubereitet waren; doch
findet ebenfalls Ausfuhr ' aus dem Lande
statt.
Mit Zubereitung von Sattlerwaaren be
schäftigen sich zusammen 700 Handtwer-
ker und ihre Arbeiter.
Die übrigen zu dieser Gruppe gehören
den Gegenstände, als Pergament-, Gold
schläger-, Kautschuk- und Guttapercha-
Waaren, werden zwar ebenfalls im Lande
verarbeitet, und es giebt mehre Zubereiter,
welche sich mit diesen Industriezweigen
ihren Lebensunterhalte erwerben; aber in
Vergleich mit andern nehmen sie keinen
hervorragenden Platz ein.