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Innere Gesetzgebung des Landes.
Die in der Regentschaft, in Kraft stehende Gesetzgebung hat den
Cor an als Basis, und die Rechtsgelehrsamkeit, nach den vier Ortho-
doxen-Ritus: Hanafi, Malaki, Sciafhi, Hambli, welche in Ge
richtsbarkeitssachen mit den vier Rechtsseh ulen in Einklang stehen,
und grosse Aehnlichkeit mit dem römischen Recht haben.
Die in der Regentschaft besonders gebräuchlichen Ritus sind:
Der Hanafi für die Personen von türkischer Herkunft, unter welche
auch die regierende Familie gezählt wird, und der Ritus Malaki,
welchem alle Araber ohne Unterschied angehören; darum urtheilt
die Regierung, die zwar Hanafi ist, nach dem Ritus Malaki, weil
dies derjenige des grössten Theiles der Nation ist, und weil er
in seiner verhältnissmässigen, mit dem anderen Ritus verglichenen
Strenge, mehr dem Charakter und den Gebräuchen des arabischen
Volkes anpassend ist.
Die Civil-Gerechtigkeit, welche das religiöse Gesetz als Grund
lage hat, ist immer in seiner Anwendung von einem gemischten
Charakter. Dieselbe wird in der Hauptstadt und in ihren Umgebungen
von dem Bey ausgeführt, sowie von dem Statthalter der Stadt, und
den Cadis der beiden obengenannten Ritus, von welchem man an den
Mezles des Sciarah appellirt, welcher ausUlemas besteht, der
einem grossen civil- und geistlichem Rathe gleichkommt, dessen
Beschlüsse Gesetzeskraft haben; dieselben können nicht abgesetzt
werden.
In den Provinzen wird die Gerechtigkeit von den Statthaltern
und den Cadis ausgeübt, je nach den Umständen; man appellirt
immer an den Sciarah oder an den Bey, an welchen die der
Provinzen noch in erster Instanz berufen können.
Alle Rechtssachen ohne Unterschied, sowohl weltliche als reli
giöse, können nach Belieben von den Parteien vor den Bey, oder vor
den Cadi gebracht werden; in diesem letzten Falle aber muss der
Kläger dem Cadi den Ritus, welchem der Gegner angehört, namhaft
machen, ausser wenn dieser einen von dem seinigen verschiedenen
Ritus vorzieht.