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Volltext: Die österreichische Kunst-Industrie und die heutige Weltlage : Vortrag, gehalten im k. k. österreichischen Museum am 27. October 1870

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Nur auf dem Gebiete der Kunstindustrie und gewisser 
Zweige der Kunst hat es einen Factor gegeben, der dem Ein 
fluss des germanischen Geistes selbst auf vaterländischem Boden 
hemmend in den Weg getreten ist, und das war die Präponde- 
ranz des französischen Geschmackes, die unbestreitbare Superio- 
rität der französischen Kunstindustrie. Die Macht dieses Ein 
flusses insbesondere auf die öffentliche Meinung lastete wie ein 
Alp auf der deutschen Kunstindustrie, insbesondere auf der 
österreichischen, und erschwerte jeden Versuch zur Emanci- 
pation. Die öffentliche Meinung misstraute auf diesem Gebiete 
dem Genius des deutschen Arbeiters, sie acceptirte ein Werk 
der Kunstindustrie nur unter französischer Etiquette, kam es 
aus Paris, so war es gut; fehlte wenigstens der Schein des 
Französischen, so wurde es verworfen. Es giebt Kaufleute hier 
in Wien, welche die Spitzen , die unsere braven Deutschen im 
Erzgebirge arbeiten, in Paris kaufen, und hier für französische 
Spitzen verkaufen, die, wie es mir begegnete, die Webereien 
Giani’s für französische Waare hielten, weil sie ihnen gefielen, 
und ähnliches mehr. Die Engländer haben sich in den letzten 
Jahrzehenden bereits von der Bevormundung des französischen 
Geschmackes befreit, Wien hat grosse und erfolgreiche An 
strengungen gemacht, seine kunstindustrielle Individualität, um 
mich so auszudrücken, von der gedankenlosen Nachahmung 
französischer Vorbilder zu befreien und sich auf eigene Füsse 
zu stellen. Das österreichische Museum war die erste Anstalt, 
die nicht nur in Oesterreich, sondern auch in Deutschland 
dies Ziel mit Bewusstsein verfolgte; das deutsche Volk aber 
wird erst durch die erschütternden Ereignisse der Gegenwart 
von dem Drucke der romanisch-französischen Präponderanz auf 
kunstindustriellem Felde befreit werden. Die Consequenzen 
dieser historischen Thatsache werden sich unabwendbar voll 
ziehen. 
Aber trotzdem wird es gut sein, sich keinen trügerischen 
Illusionen hinzugeben. Im politischen und militärischen Leben 
giebt es Feinde, im wissenschaftlichen, künstlerischen und ge 
werblichen nur Rivalen; der Wettstreit der Nationen auf
	        
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