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J. Steiger-Meyer in Herisau.
Mittelmeeres von unschätzbarer Wichtigkeit sind. Die schweizerische
Nordostbahn scheint überhaupt die einzige Bahngesellschaft zu sein,
welche den Interessen des Handels Aufmerksamkeit schenkt. Auch zwi
schen Lindau und Hamburg besteht ein befriedigender Spezialdienst mit
gewöhnlichem Frachtansatz, dagegen lässt die Umladung in Hamburg
noch viel zu wünschen übrig.
Eine ähnliche Verbindung zwischen Zürich und Havre oder Zürich
und Boulogne kam leider noch nicht zu Stande; es ist allerdings in
jüngster Zeit ein Spezialdienst zwischen Basel und Havre, Easel und
Boulogne errichtet worden, derselbe bietet aber keinen Vortheil.
Die schweizerischen Exporteure sind bis zur Stunde genöthigt,
ihre pressanten Güter für Amerika, England etc. entweder durch die
theure Grande-vitesse, per Messagerie oder gar per Post zu befördern.
Wir behaupten, dass die Schweiz an Mehrfrachten für Eilgut etc. jähr
lich Hunderttausende opfern muss.
Von der Spedition der Rohprodukte wie Baumwolle, Eisen etc.
ist gar nicht zu reden; es ist schwer in gewöhnlicher Fracht in kürzerer
Zeit als 3 Wochen von Liverpool einen Ballen Baumwolle zu bekommen.
Der Manchester Spinner kann seine, am gleichen Tage in Liverpool
gekaufte Waare spinnen und wieder verkaufen, ehe der Schweizer
die sehnige zu Gesichte bekommt.
Es scheint uns nicht schwer diesen bedenklichen Missständen
durch gemeinsames Zusammenwirken der Industriellen endlich Abhülfe
zu schaffen.
Wir erlauben uns noch mit einigen Worten die schweizerischen
Geldverhältnisse zu berühren.
Es ist unverkennbar, dass der Nationalreichthum der Schweiz seit
30 Jahren in ausserordentlicher Weise zugenommen hat. Während sie
noch Anfangs der Fünfziger Jahre für die ersten grösseren Eisenbahn
hauten, die grossen Actienbanken gerne die Hülfe von Deutschland ent
gegennahm, wurden seither nicht nur eine grosse Zahl weiterer Unter
nehmungen fast ausschliesslich mit Schweizergeld gedeckt, sondern die
Schweiz besitzt ohne Zweifel mehr fremde Werthe, als Schweizerwerthe
in den Händen des Auslandes sind.
Ein weiterer Beweis für den ungemein gehobenen Wohlstand sind
die seit 25 Jahren entstandenen Banken, welche an Actienkapital und
Depositen über einen Gesammtwerth von ca. 400 Millionen Franken
verfügen.
Man ist ziemlich allgemein der Ansicht, die Schweiz verdanke
ihren Wohlstand ausschliesslich dem Erwerbe der Industrie. Dieselbe
ist allerdings die Ursache, allein wir hegen die Ueberzeugung, der indi
rekte Gewinn, welcher durch die enorme Steigerung aller Immobilien,
durch die Landwirthschaft und durch den Kleinverkehr erzielt worden