Reflexionen.
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Das schweizerische Bankwesen war bisanhin ohne Zweifel das
best organisirte und am besten geleitete; trotzdem es Handel und In
dustrie bedeutende’Facilitäten einräumte, machte es bei seinen inlän
dischen Clienten doch wenige Verluste.
Seine Leiter waren namentlich in Krisen besonnen und haben
durch ihre Umsicht und Gewandtheit unsere Industrie in den letzten 20
Jahren über manchen Sturm, der die Schweiz umtobte, hinweggehoben.
Wir hoffen, dieselben werden sich auch ferner ihrer hohen Auf
gabe bewusst bleiben und ihr richtiges Interesse darin erkennen, in
allererster Linie dem Fortschritte von Handel und Industrie zu dienen.
Ehe wir zum Schlüsse gelangen, müssen wir noch in Kürze unsere
Militairinstitution berühren. Wir sind uns bewusst, dass wir damit in
ein Wespennest greifen, allein unsere Aufgabe auferlegt uns die Pflicht,
alle Punkte zu berühren, welche auf die Entwicklung und den Fortschritt
unserer Industrie einen Einfluss haben.
Der europäische Militarismus kommt uns vor wie ein Hohn auf
die viel gerühmte Civilisation des neunzehnten Jahrhundert; er ist einer
der grossen Krebsschäden an dem die Nationen krank liegen, ein Moloch,
der Millionen und Milliarden verschlingt und nie wieder etwas zurückgibt, der
Hunderttausende von rüstigen Armen aller fruchtbringenden Arbeit
ferne hält, der selbst sehr reichen Staaten Schulden aufbürdet, deren
Deckung sie nicht mehr erschwingen können und die sie schliesslich zum
Ruine führen werden.
Auch die Schweiz hat diesem Ungelhüm einen schweren Tribut
zu bezahlen. Es verschlingt nicht nur den grössten Theil der Bundes
einnahmen und belastet die Budget der Cantone mit schweren Zahlen,
sondern auch jeder einzelne, rüstige Bürger hat ihm persönlich schwere
Opfer zu bringen.
So lange Handel und Verkehr prosperiren, kann diese Last ver
schmerzt werden, wenn aber die Einnahmen im Allgemeinen etwas spär
licher fliessen sollten, so dürfte man sich bewusst werden, dass der
Militarismus die Schweiz nicht minder bedrückt als irgend einen
andern Staat, ja unsere Industrie geradezu schwerer belastet als diess
in irgend einem andern Lande der Fall ist.
Schon unsere politischen und socialen Institutionen verlangen
vom Bürger viel mehr Zeit und opferwillige Arbeit für das Gemeinwohl
als in monarchischen Staaten. Es kommt aber nirgends vor als in der
Schweiz, dass verheirathete Männer, die nichts besitzen als die Einnah
men ihrer täglichen Arbeit, wochenlang ihre Familie verlassen und dar
ben lassen müssen, um in irgend einer Kaserne des Landes sich im
Waffenspiel zu üben, dass sogar ältere Geschäftsleute für vier, fünf und
sechs Wochen aus der Mitte der Arbeit gerissen, Haus und Hof steuer
los den Wellen preisgeben müssen, um sich als gehorsame Schüler auf
irgend eine militärische Schulbank zu setzen und sich wieder in die