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Brasilien erbaut haben. Was sie enthalten, interessirt uns sehr wenig
vom künstlerischen Gesichtspunkte aus; es sind die Naturproducte des
Landes, und was von künstlerischer Art etwa dabei ist, sind Reminis-
cenzen aus spanischer Zeit, die von anderen Ausstellungen schon be-
kannt sind.
Von hier weiter gehend, erreichen wir schon das Ufer der Seine,
den Quai d'Orsay, und stoßen hier am Quai entlang auf eine große
Reihe gar verschiedenartiger Gebäude; welche unter dem Titel: wl-listoire de
Phabitation humaineu eine ganz besondere Erscheinung in der Weltaus-
stellung des Jahres 1889 bilden. Man wollte, so war die Absicht der
leitenden Häupter, der ungeheuren Entwickelung der modernen Industrie,
Kunst und Cultur, wie sie in dieser jüngsten Ausstellung großartig vor
aller Augen liegt, einen Gegensatz gegenüber stellen; man wollte zeigen, aus
welchen Uranfängen sich die Cultur der Menschheit entwickelt habe und
auf welchen Wegen sie das geworden ist, was sie heute ist und bedeutet.
Dieser Gedanke, der sonst nur schriftlich bearbeitet zu werden pflegt;
sollte nun gegenständlich dargestellt werden, und zwar in dreifacher
Weise. Einmal war es eben diese Geschichte der menschlichen Wohnung,
welche den Fortschritt der Cultur auf einem ihrer wichtigsten und lehr-
reichsten Gebiete darlegen sollte. Zum Zweiten sollte das Gleiche ge-
schehen in der Geschichte der menschlichen Arbeit, welche, beginnend
mit der Thätigkeit der prähistorischen Menschen, die allmälige Vervoll-
kommnung der Arbeit, ihre Entfaltung und Verzweigung, das Entstehen
und Wachsen der verschiedenen Industrien und Künste bis in die Nähe
unserer Gegenwart zu zeigen hätte. Und zum Dritten, da doch die fran-
zösische Industrie den weitaus vorragendsten Bestandtheil dieser Aus-
stellung bildet, wollte man die Geschichte der französischen Arbeit, Alles
was auf dem Boden Frankreichs seit der Gründung etwa des mero-
vingischen Frankenreiches geleistet worden, in den hinterlassenen Gegen-
ständen darstellen zur Vergleichung mit der modernen französischen
Arbeit. Der gewiss glückliche und lehrreiche, aber ebenso auch allzu-
weit ausgreifende Gedanke ist auch in diesen drei Abtheilungen zur
Ausführung gekommen, allerdings in sehr ungleicher und nicht immer
befriedigender Weise.
Durchaus nicht befriedigend, der eigenen Idee gemäß, ist die
Geschichte der menschlichen Wohnung, eine Schöpfung des Architekten
Charles Garnier. Sie sollte, nicht in Abbildungen, sondern in wirklichen,
nach den Ueberresten mit Hilfe der Wissenschaft aufgeführten Gebäuden
den Fortgang in der Geschichte der Wohnung darlegen, sie sollte den ge-
schichtlichen Zusammhang von einem Typus zum anderen nachweisen, die
Wandlungen des Hauses nach Klima, Nationalität und Kunststil zur An-
schauung bringen und so an beglaubigt richtigen Gegenständen selbst eine
wirkliche Geschichte uns vor Augen führen. Statt dessen haben wir eine Reihe
vereinzelter Gebäude, vierundvierzig an Zahl, zwischen denen wir nur theil-