Scliafwollwaaren.
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SECTION I.
Schafwooüwaaren.
Für Wollenfabricate war die Schweiz durch Chessex & Hössly
in Schaffhausen, Kammgarnspinnerei; Ferdinand Ernst in Winterthur,
Fabrication halb- und ganz wollener Stoffe, Tweeds, Waterproofs, halb
wollene Casimirs; und Conrad Munzinger in Olten, Wollenfilze für
Papier- und Holzstotffabriken, vertreten.
Diese schwache Betheiligung zeigt klar, dass die Wollmanufactur
in der Schweiz ohne Bedeutung ist und sich mit den Leistungen ande
rer Länder nicht messen darf.
Der Import von roher Wolle hat seit der Pariser Ausstellung
durch den Bau von zwei grossen Kammgarnspinnereien in Schaff hausen
bedeutend zugenommen; derselbe betrug 1866: 14,606 Centner; 1872:
27.291 Centner. Der Import von rohen und gebleichten Garnen betrug
1866: 8,158 Centner; 1872: 8,469 Centner; fabrizirte Wollstoffe für Klei
der 1866: 39,126 Centner; 1872: 55,172 Centner. Die schweizerische
Wollfabrication verwendet keine Kammgarne, sondern blos Streichgarne;
dieselbe hat also nach diesen Zahlen trotz sehr vermehrter Consumma-
tion von Stoffen seit 1867 keine grössere Ausdehnung erhalten.
Es ist eine ständige Klage, dass in der Schweiz die Woll- und
Halbwollfabrication keine gehörige Aufmerksamkeit finde und jährlich
für Millionen Kleiderstoffe vom Ausland bezogen werden, welche man
ebensogut im eigenen Lande machen könnte.
Diese Ansicht ist allerdings theilweise richtig, sie verkennt aber
die Schwierigkeiten, welche der Sache entgegenstehen.
Die Wollfabrication ist von allen textilen Branchen weitaus die
schwierigste; schon die Auswahl der richtigen Garne bedarf grosser Er
fahrung; während hei Seiden, Leinen und Baumwollwaaren die Rohstoffe
unvermischt bleiben, kommen bei der Wolle, ausser den vielen Qualitä
ten, noch Mischungen mit Baumwolle, Jute etc. in Betracht; dann ist
die Färberei und speciell die Appretur viel schwieriger als, bei den an
dern Branchen.
Dem berühmten Görlitz z. B. ist in den letzten 10 Jahren ein
bedeutender Theil seiner Fabrication durch Sachsen und Mähren ent
rissen worden, blos weil diese dem Ersleren in der Appretur überlegen
wurden.
Die Wollmanufactur von Schlesien, Sachsen, Mähren, Rheinpro
vinz, Belgien, Frankreich, England ist so grossartig, so ausstudirt und
wird durchschnittlich mit so wenig Benefice betrieben, dass an eine
Concurrenz der Schweiz mit diesen Ländern gar nicht zu denken ist.