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J. Steiger-Meyer in Herisau.
Die Baumwollspinnerei der Schweiz nimmt nach England nicht
bloss im Verhältniss der Spindeln zur Einwohnerzahl, sondern auch nach
den qualitativen Leistungen die erste Stelle ein. Sie ist die Perle ihrer
Industrie; sie erwarb der Schweiz hauptsächlich den geachteten Namen,
welchen ihre industriellen Leistungen in Europa gemessen.
Wir verdanken die bevorzugte Entwicklung unserer Baumwollspin
nerei theils unsern Wasserkräften, theils einigen Männern, welche schon in
den ersten Decenien dieses Jahrhunderts die mechanische Baumwollspin
nerei bei uns einführten und ihr ganzes Leben deren Hebung widmeten.
Die Namen, welche voran stehen, sind J. J. Bieter & Co. in Winterthur
und Heinrich Kunz in Uster. Dieselben folgten den Fortschritten
Englands stets auf dem Fusse und konnten sich schon seit langen Jah
ren mit den besten Fabrikaten von Manchester messen. Im Jahre 1827
eröffnete die Firma J. J. Rieter & Go. eine eigene Werkstätte zum Bau
von Spinnstühlen. Deren ausgezeichnete Leistungen und hohe Verdienste
um die Entwicklung der schweizerischen Spinnerei sind bekannt.
Beide Firmen stehen heute noch an der Spitze der Schweiz. Baum
wollspinnerei und erhielten die höchste Auszeichnung, das Ehrendiplom.
Heinrich Kunz in Zürich ist der grösste Spindelnbesitzer des
Continentes und seine Production die umfassendste der ganzen Erde.
Seine Garn-Ausstellung hatte in der ganzen Weltaussellung keinen eben
bürtigen Rivalen; es gibt auch in Deutschland, Oesterreich, Frankreich
Spinnereien mit 40, 60 bis 80,000 Spindeln, allein die Grösse von Hein
rich Kunz, der mit 207,766 Spindeln arbeitet, erreicht kein anderes Eta
blissement. Es gibt allerdings eine Spinnerei in England und eine zweite
in Russland, deren Spindelzahl noch grösser ist, allein dieselben be
schränken sich auf wenige corrente Nummern, während Heinrich Kunz
alle Fabrikate von Nr. 6 bis Nr. 300 umfasst, in den gröbsten Sorten
eben so Vorzügliches leistet wie in den feinsten, und sogar einen Pack
Nr. 500 zur Ausstellung brachte.
J. J. ltieter & Co. in Winterthur haben dem Maschinenbau mehr
Aufmerksamkeit gewidmet als der Ausdehnung ihrer Spinnerei, sonst
wäre es ihnen ein Leichtes gewesen, ihre Spindelzahl auf die gleiche
Höhe zu bringen wie Heinrich Kunz; sie arbeiten mit 37,600 Spindeln
unter eigenem Namen, sind aber bei verschiedenen anderen grossen
Etablissementen stark hetheiligt. Sie produziren fast ausschliesslich feine
Garne von Nr. 80 bis 300 und ihre »Gelbstreif-, Blaustreif-, Löwen- und
Wappengarne« sind in weiten Kreisen als das Beste bekannt, was der
Continent in der Spinnerei leistet.
Die Schweiz war in Wien ferner durch J. H. Bühler & Söhne
in Winterthur, Spinnerei Schilsbach bei Flums, Geb. Lang in Of-
tringen, Hanhard-Soiivo in Dietikon, Spinnerei Uznaberg, Gebrüder
Brändlin in Rapperswyl, Baumwollspinnerei Murkart bei Wiingi
vertreten, deren Fabrikate gebührende Würdigung fanden.