Baumwollweberei.
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Ein Handweber verdient in Schottland auf glatten Stoffen Fr. 12
bis Fr. 16 und auf brochirten Gardinenstoffen Fr. 20 bis 30 per Woche.
Früher arbeiteten die Handweber in feuchten Lokalen, wie diess
auch jetzt noch bei uns üblich ist; man ist aber von diesem für die
Gesundheit der Arbeiter höchst verderblichen Verfahren ganz abgekom
men, und arbeitet nun in trockenen Stuben.
Bleicherei und Appretur sind in Schottland ziemlich ähnlich ein
gerichtet wie bei uns; während in Manchester alle schweren Stoffe mit
Maschinen und in grossartigen Quantitäten behandelt werden, hat in
Schottland die Handarbeit für die feineren Gewebe noch den Vorzug;
trotz den höheren Arbeitslöhnen sind die Bleicherei- und Appretpreise
10—20 */o billiger als in der Schweiz.
Die schottische Fabrikation von Baumwollwaaren war in Wien
durch keine einzige Firma vertreten. Wer sich der grossartigen Aus
stellung von Schottland im Jahr 1862 noch erinnert, muss diese Lücke
sehr bedauern; denn in brochirten Stoffen und besonders in Gardinen
stehen die Schotten jeder Goncurrenz weit voraus; es ist ihnen kein
Preis zu hoch um schöne und geschmackvolle Zeichnungen zu bekom
men; Alles was ihnen die Schweiz in diesem Fache je entgegengesetzt
hat, ist in jeder Beziehung die reinste Lehrlingsarbeit.
Man würde sich sehr täuschen, wenn man glauben würde, die
Absenz von der Ausstellung in Wien sei ein Beweis, dass die schottische
Baumwollindustrie im Rückgang begriffen sei; sie hat sich im Gegen-
theil seit 10 Jahren bedeutend ausgedehnt und manchen Artikel an sich
gerissen, den früher St. Gallen lieferte.
Auch Manchester hatte sich mit Geweben sehr schwach bethei
ligt; Horrockses Miller & Co., welche mit 200,000 Spindeln und 3,500
mechanischen Stühlen arbeiten, brachten ihre berühmten Longcloths zur
Ausstellung; diese Firma hat sich durch ihre ausgezeichnete und stets
gleichbleibende Waare trotz der eminenten Concurrenz einen solchen
Namen gemacht, dass die Grossisten eigentlich nur ihre Agenten sind;
dieselben müssen die Waare zu einem bestimmten Tarife verkaufen und
dürfen blos den Sconto von 5 und 2 1 /si °/o als Benefice einstecken; jedes
Stück trägt den Namen der Firma.
Louis Behrens, W. Kesselmeyer & Co., Ashton & Co. brachten
Baumwollsammte in prachtvoller Qualität zur Ausstellung; es ist diess
ein'Artikel den Manchester früher allein hatte, der nun aber auch auf
dem Continent sehr schön fabrizirt wird. Johnson, Jähes & Fides
hatten Bettdecken und Damaste geliefert; die Qualität war aber mittel-
massig. Armitage & Sons hatten eine sehr schöne Ausstellung von viel-
schaftigen Stoffen wie Satins, Serges, Twilled cloths, und dann nament
lich ein sehr reiches Sortiment bunter Gewebe wie das Toggenburg sie
liefert. Carlisle, welches in früheren Jahren dem Toggenburg eine
scharfe Concurrenz machte, war mit seinen bunten Geweben nicht ver
treten.