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J. Steiger-Meyer in Herisau.
Die Baumwollweberei von Frankreich hat durch die Abtrennung
des Elsasses einen schweren Schlag erlitten. Von 80,000 mechanischen
Webstühlen, welche Frankreich besessen hatte, gehörten 30,000 dem
Eisass; man hat die Zahl noch höher geschätzt, eine neuere statistische
Aufnahme ergab aber für das Ober- und Unter-Elsass die genaue Zahl
von 30,200 mechanischen und 13,200 Handstühlen mit einer jährlichen
Production von 192 Millionen Meter Gewebe durch 38,900 Arbeiter,
welche einen Lohn von 19 Millionen Franken per Jahr beziehen.
Es bleibt also Frankreich immer noch die bedeutende Zahl von
50,000 mechanischen Webstühlen und dann eine sehr grosse Anzahl von
Handwebern.
Rouen war mit seinen bunten Geweben der Ausstellung ganz fern
geblieben; man schätzt den Werth der Baumwollweberei von Rouen auf
80 Millionen Franken, wovon ein grosser Theil noch durch die Hand
weberei erzeugt wird. Die Schweiz verspürt diese Concurrenz nur in
Senegambien und an der afrikanischen Ostküste.
Von viel grösserer Bedeutung für die Schweiz sind Tarare und
St. Quentin, welche unbedingt an der Spitze der Fabrikation von fei
neren Baumwollgeweben stehen. Es gab eine Zeit, wo sich die Industrie
von St. Gallen und Appenzell mit obigen Plätzen messen konnte, allein
heute hat jeder Vergleich aufgehört.
Die Hauptindustrie von Tarare sind Tarlatans und feine Mous-
selinen. Die Tarlatans sind noch ganz unbedingtes Eigenthum der Hand
weberei ; es werden jährlich circa 350,000 Stücke von 30 Meter Länge
und meistens 160 Centimetres Breite produzirt; ein fleissiger Weber
liefert in den geringeren Sorten circa 25—30 Meter, in den besseren
15—20 Meter per Tag. Für die geringeren Sorten werden per 30 Meter
Fr. 2. 50 bis Fr. 3 Weberlohn bezahlt; für die besseren Fr. 4 bis Fr. 5
per 30 Meter.
Man hat sich in St. Gallen Anfangs der Sechziger Jahre Mühe
gegeben, diesen Artikel für die Schweiz zu gewinnen, indem man Färber
und Appreteure von Tarare kommen liess; die Sache scheiterte aber an
der Fabrikation der Stoffe; unsere Fabrikanten verstanden es nicht, die
Stühle eben so vortheilhaft einzurichten wie in Tarare. Auch Sachsen
und Schottland versuchten sich an dem Artikel, fielen aber aus dem
gleichen Grunde ebenfalls durch.
Tarare ist bis zur Stunde der einzige Lieferant des Artikels ‘ge
blieben. Auch die Mousselinen gehören noch fast ausschliesslich der
Hausindustrie, und werden von den gleichen Arbeitern gemacht wie die
Tarlatans; blos die schmalen und ordinären Stoffe sind dem mechani
schen Webstuhle zugefallen. Die Produktion glatter Mousselinen wird
auf circa 10 Millionen Franken geschätzt.
Die Weber sind nicht in Tarare selbst wohnhaft, sondern in der
Provinz zerstreut; es sind kleine Grundbesitzer, welche die Weberei