Baum Wollweberei.
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neben der Landwirtschaft als Hausindustrie betreiben. Der Verdienst
varirt je nach Artikel und Geschick von Fr. 6 bis Fr. 25 per Woche.
Mädchen, welche als Verweberinnen in den Geschäftshäusern ar
beiten, erhalten Fr. 1.50—Fr. 2 für 11 effective Arbeitsstunden.
Die Schweiz könnte diese Mousselinen ebenfalls machen, allein
die Sache zerschlägt sich an der Appretur; die Ausrüstung von Tarare
übertrifft nicht blos Alles was die Schweiz zu leisten vermag, sondern
sie ist noch bedeutend billiger. Es gibt einzelne Apprete, wo man die
Waare nach Tarare schicken und den Zoll von 10°/o zahlen kann, und
dennoch stellt sich dieselbe nicht höher, als wenn man sie in der Schweiz
machen lässt!
Die von Tarare in Wien ausgestellten Fabrikate waren ausgezeich
net; namentlich auch seine Farbensortimente Hessen Alles, was die
Schweiz in der Baumwollfärberei leistet, weit hinter sich.
Die Baumwollweberei von St. (Juentin befasst sich ebenfalls mehr
mit den feineren Fabrikaten und besonders mit den fagonnirten Stoffen.
Die Industrie von St. Quentin hat eine ausserordentliche Mannigfaltig
keit; sie ist das Ideal, welches uns für St. Gallen seit Jahren vorschwebte,
von dem wir aber weiter entfernt sind als je. Dieselbe liefert Percale,
Nauzook. Jaconat, Monsseline, Piqne, Molton, Basin, Brillantine,
Satin, Plisse, Heindeneinsätze, Festons, Mousseline und Gaze bro-
cliee, Cravatten, Monchoirs, Bettdecken, Jnpons und hat sogar circa
120 Tüllstühle. St. Quentin versieht mit seinen Fabrikaten nicht blos
Frankreich, sondern exportirt sehr stark nach allen Ländern; es liefert
blos an gewobenen Hemdeneinsätzen für 2 l /a Millionen Franken.
Was irgendwie für den mechanischen Webstuhl passt, wird me
chanisch erstellt; wo der Handwebstuhl noch im Vorsprung ist, da lässt
man ihn stehen und unterstützt ihn durch geschlichtete Zettel und auf
Bobinen gespulten Eintrag, so dass dem Weber nichts zu thun bleibt
als das Schiffchen zu führen.
Es gibt mehrere Etablissemente, welche sich blos mit der Schlich
terei der Zettel befassen; das Handschlichten hat fast ganz aufgehört.
Es arbeiten in St. Quentin circa 3000 mechanische Webstühle und wei
tere 5—6000 im Arrondissement.
Seine Bleichereien und Appreturen beschäftigen circa 4000 Perso
nen und sind vortrefflich eingerichtet. Die Ausrüstung ist durchschnitt
lich 25°/o billiger als in der Schweiz; es werden desshalb Massen von
Waaren roh nach Frankreich geliefert und in St. Quentin appretirt.
Ausser der Weberei befasst sich St. Quentin sehr stark mit der
Stickerei, sowohl per Hand als per Maschine. Man schätzt den Werth
seiner Handstickereien auf 10 Millionen Franken. Es besitzt bereits 300
mechanische Stickmaschinen und ist noch fortwährend am Einrichten.
Dann befasst es sich auch mit der Lingerie und beschäftigt 2500
Nähmaschinen.