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J. Steiger-Meyer in Herisau.
Die Handweber arbeiten alle in trockenen Stuben; sie verarbeiten
im 2. und 3. Stock die feinsten Garne, während man bei uns im Glau
ben ist, dieselben können blos im feuchten Keller verwoben werden.
Sachsen hat in Chemnitz eine Gewerbeschule, wo die gesammte Weberei
theoretisch und praktisch durchgenommen wird.
Die sächsische Appretur wurde besonders durch einen Schweizer
Namens Engster verbessert; derselbe war Fabrikant gewesen und zählte
unbedingt zu den fähigsten Köpfen, welche die schweizerische Weberei
je gehabt hat; er verlor dann durch fortwährendes Pröbeln seine Exi
stenz und ging nach Frankreich; er arbeitete einige Zeit in einem Ap
preturgeschäft in Tarare, und kam dann wieder in seine Heimath zurück
um die erworbenen Kenntnisse zu verwerthen; man schenkte ihm aber
kein Vertrauen. Diess trieb Eugster nach Sachsen, wo er willige Auf
nahme fand; seine Appret-Maschinen erwiesen sich als praktisch und
brachten der sächsischen Baumwoll-Industrie einen ausserordentlichen
Nutzen. Von Sachsen ging er nach Wien und fand auch dort Leute,
welche seine Verbesserungen gerne annahmen. Seine Gesundheit war
aber auf’s Tiefste angegriffen; er wandte sich wiederum der Heimath
zu. Er fand diessmal willkommene Aufnahme, war aber schon so ent
kräftet, dass er die entworfenen Maschinen nicht mehr selbst aufstellen
konnte und noch auf dem Sterbebette die letzten Geheimnisse dictirte.
Auch unserer Industrie war dieses letzte Vermächtniss Eugsters
von bedeutendem Nutzen, allein es wäre besonders für unsere mechani
sche Feinweberei geradezu epochemachend geworden, wenn wir die
Verbesserungen zuerst, vielleicht einzig erhalten hätten, wie diess ohne
Zweifel die erste Absicht Eugsters gewesen war.
Die Appreturarbeiter verdienen in Sachsen Fr. 8 bis Fr. 18 per
Woche; Verweberinnen erhalten für 10 Arbeitsstunden Fr. 1. 25 bis 1. 50.
Die deutsche Baumwollweberei war in Wien nur mangelhaft ver
treten; aus dem Eisass hatten nur wenige Fabrikanten ausgestellt. Da
runter waren A. Herzog & Co. in Logelbach, Hartmann & Sohn in
Münster, Schlumberger & Sohn in Mülhausen; die französisch gesinnten
Firmen waren weggeblieben. Augsburg war durch eine Collectiv-Aus
stellung vertreten. Eine Anzahl Fabriken aus dem badischen Wiesen-
thal hatten die Ausstellung ebenfalls beschickt. Dagegen war Sachsen
der Ausstellung total ferne geblieben. Allgemeine Anerkennung fanden
die Baumwollsammte von Linden bei Hannover und von Ettlingen,
welche sowohl in Färberei als Appretur mit dem Besten, was England
leistet, concurriren. In der Buntweberei waren ziemlich viele Aussteller;
doch hatten nur wenige grössere Bedeutung; L. A. Riedinger in Augs
burg arbeitet mit 572 mechanischen Stühlen, Hermann Grüner und
Freude & Wunsche, beide in Ebersbach, hatten levantinische Jacquard
artikel ausgestellt. Gladbach war durch seine billigen Hosenstoffe ver
treten.