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Volltext: Schweiz : Bericht über Gruppe V Textil-Industrie, Section IV und Sectionen I, II, III, V, VI nebst Gruppe XXI Hausindustrie

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J. Steiger-Meyer in Herisau. 
Es wird diess für die europäische Industrie zu einem fast uner 
setzlichen Verlust, dessen Rückwirkung auf alle Verhältnisse schwer zu 
ermessen ist. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Pe 
riode von 1850 bis 1880 wahrscheinlich den Zenith der industriellen 
Grösse Europas umfasst, und die Zeit nicht ferne sein dürfte, wo Ame 
rika uns nicht blos in der Mechanik, sondern in allen industriellen Zwei 
gen überflügeln wird. 
Es herrscht dort eine Freiheit der Entwicklung, ein Bodenreich 
thum und eine Fülle geistiger Kraft und Energie, denen Europa wie 
eine alternde, pedantische Matrone gegenübersteht. 
Die Baumwollindustrie von Nordamerika war in Wien nur durch 
einige werthlose Bruchstücke vertreten. 
Von den asiatischen Ländern interessirte uns am meisten Japan. 
Dessen Baumwollindustrie ist allerdings von der hohen Stufe seiner Sei 
denweberei weit entfernt, allein seine Fabrikate bekunden doch ein be 
deutendes Geschick in der Handarbeit. 
Die Ausstellung wurde von 23 Provinzen und Städten mit Baum- 
wollwaaren beschickt, welche alle separat beurtheilt sein wollten. Die 
Provinz Ibaraki sandte ausgezeichnete Garne, Handgespinnst und tadellos 
gewobene rohe Tücher. Ashiba und Yamagontsi repräsentirten die Bunt 
weberei durch Taffachellasen, welche ungemein sauber gearbeitet waren. 
Die Provinz Tottori sandte fagonnirte Zeuge mit gedrucktem 
Garn, deren Erstellung einer ausserordentlichen Geduld bedurfte. Die 
Provinz Kouhora hatte gestreifte Stoffe ausgestellt, welche in Europa 
nirgends schöner gemacht werden könnten. Shitlzenoka, das bedeutend 
ste Departement für die Baumwollindustrie, sandte Garne und Gewebe, 
deren Qualität aber nicht besser war als die Fabrikate der erstgenannten 
Provinzen. 
Das Departement Saga und die Stadt Tokei lieferten Segeltücher. 
Sakai beschickte die Ausstellung mit rohen Geweben, einer Art Flanell 
und mit sehr gut gearbeiteten Baumwollbändern. Miage schickte einen 
Stoff mit Seidenzettel und Papiergarn als Einschlag; dieses Papiergarn 
hat die Dicke von Baumwollgarn Nr. 10—12 und ist sehr stark ; der Stoff 
hat das Ansehen von roher Seidencrepe. 
Die Fabrikate der anderen Provinzen waren die gleichen wie die 
obengenannten. 
Die ganze japanesiscbe Ausstellung bezeugte, welch grosses Inte 
resse sowohl die Regierung als das Volk an der Ausstellung in Wien und 
an der europäischen Industrie nehmen; man begegnete häufig jungen Ja 
panesen, welche die Ausstellung mit sichtlicher Aufmerksamkeit studirten. 
Nach dem Abschluss des Handelsvertrages der Schweiz mit Japan 
glaubte man, es werde nun für unsere Buntweberei eine goldene Periode 
beginnen; wir hörten Leute behaupten, die ganze schweizerische mecha 
nische Weberei werde nicht genügen, um den Bedarf von Taffachelassen
	        
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